Leitsatz (amtlich)
1. Zum Grund des Anspruchs gehören alle diesen leugnende Einwendungen wie insbesondere eine Aufrechnung.
2. Gemäß §§ 302, 304 ZPO kann ein Vorbehaltsurteil dem Grund nach dann erlassen werden, wenn eine Forderung dem Grund und der Höhe nach streitig ist, Entscheidungsreife zum Grund besteht und (hilfsweise) die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht wird, über die noch nicht entschieden werden kann.
3. Ein Grundurteil ist unzulässig, wenn die Tatsachen sowohl für den Grund als auch für die Höhe annähernd dieselben sind oder doch ein enger Zusammenhang zwischen ihnen besteht.
Normenkette
ZPO §§ 302, 304
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 24.09.2010; Aktenzeichen 4 O 325/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Grundurteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Hannover vom 24.9.2010 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Gerichtskosten, die nicht erhoben werden - an das LG zurückverwiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO):
I. Das Urteil des LG war auf den hilfsweise gestellten Antrag der Beklagten (Bl. 237, 209 d.A.) mit dem zugrunde liegenden Verfahren gem. § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO aufzuheben und die Sache an das LG zurückzuverweisen, weil das erstinstanzliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwendige Beweisaufnahme erforderlich ist. Die Kammer hat ein unzulässiges Grundurteil erlassen, verfahrensfehlerhaft unter Missachtung des rechtlichen Gehörs entschieden und eine - bei sachgerechter Behandlung notwendige - umfangreiche, aufwendige Beweisaufnahme nicht durchgeführt.
1. Die Kammer erwähnt im Urteil nicht, dass die Beklagten im Schriftsatz vom 26.7.2010 (dort ab S. 11, Bl. 146 f. d.A.) für den Fall, dass das LG zur Auffassung gelangen sollte, dass dem Kläger gegen die Beklagten Honoraransprüche zustehen, diesen Ansprüchen gegenüber hilfsweise die Aufrechnung erklärt hat mit Schadensersatzansprüchen, und zwar i.H.v. (in dieser Reihenfolge) 1.249,98 EUR ("Fa. D." Bl. 146 oben d.A.), weiteren 3.268,14 EUR ("Fa.A.", Bl. 145 Mitte d.A.) und weiteren 6.104,61 EUR ("Dipl.-Ing. H. B.", Bl. 146 unten d.A.). Diese Gegenforderungen übersteigen insgesamt die Klageforderung von 6.449,42 EUR (Bl. 1 d.A.).
Das LG hat die Klage dem Grund nach für gerechtfertigt erklärt, ohne die Gegenforderungen zu bescheiden.
2. Das LG hätte allerdings ein Vorbehaltsurteil dem Grund nach gem. §§ 302 und 304 ZPO erlassen können (vgl. dazu Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 302 Rz. 2). Im Hinblick auf die Aufrechnung wäre dies geboten gewesen, wenn die Kammer zunächst nicht über die Höhe des Anspruchs und die Gegenforderung hätte entscheiden wollen. Ein solches Vorbehaltsurteil dem Grund nach ist aber nicht erlassen worden. Insoweit besteht auch keine korrigierbare offensichtliche Unrichtigkeit. Die Hilfsaufrechnung der Beklagten findet nicht einmal im Tatbestand des angefochtenen Urteils Erwähnung. Gemäß § 302 Abs. 2 ZPO hätte zwar in Bezug auf den unterbliebenen Vorbehalt eine Ergänzung des Urteils gem. § 321 ZPO beantragt werden können, dies aber nur in einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung des Urteils (§ 321 Abs. 2 ZPO), die jedoch schon vor Einlegung der Berufung abgelaufen war (vgl. Bl. 189 und 196 d.A.).
3. Zum Grund des Anspruchs gehören alle diesen leugnende Einwendungen wie insbesondere eine Aufrechnung (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 304 Rz. 8). Die Entscheidung zum Grund ist nicht tragfähig, weil je nach Begründetheit der Gegenforderungen dem Kläger kein Anspruch (mehr) zustehen könnte. Die Gegenforderungen betreffen den gesamten Bestand der Klageforderung.
Ein Grundurteil ist zudem unzulässig, wenn die Tatsachen sowohl für den Grund als auch für die Höhe annähernd dieselben sind oder doch ein enger Zusammenhang zwischen ihnen besteht (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 304 Rz. 16 m.w.N.). Ein solcher Zusammenhang zwischen den Tatsachen, die den Grund betreffen, und denjenigen, die die Höhe des Anspruchs betreffen, liegt hier nahe. Zwar bemisst sich der Anspruch dem Grund nach zunächst danach, ob überhaupt ein Architektenvertrag geschlossen worden ist. Ob dem Kläger dann ein Anspruch zusteht, hängt davon ab, inwieweit er im Rahmen dieses Vertrags Leistungen erbracht hat. Da die Parteien darüber streiten, ob und ab welchem Leistungszeitpunkt ein Vertrag geschlossen wurde, außerdem der Kläger selbst vorgetragen hat, zunächst nur "beratend" und dabei kostenlos ("nicht abgerechnet", Bl. 3 d.A.) tätig geworden zu sein sowie im Hinblick auf eine Gefälligkeitstätigkeit "am Anfang ein solches Signal gegeben" zu haben (Bl. 100 d.A.), lässt sich die Frage des Anspruchsgrundes von den weiteren Fragen zur Höhe ohne weitere Feststellungen nicht klar trennen.
4. Die Kammer hat verfahrensfehlerhaft Bewe...