Leitsatz (amtlich)

Zur Abgrenzung zwischen unentgeltlicher Akquisition und vertraglich zu vergütender Tätigkeit bei Erbringung von Architektenleistungen.

 

Normenkette

BGB §§ 631 ff.

 

Verfahrensgang

LG Lüneburg (Urteil vom 17.07.2009; Aktenzeichen 3 O 52/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Grundurteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 17.7.2009 abgeändert und insgesamt neu gefasst wie folgt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden

Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 36.596,57 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung eines Architektenhonorars.

Der Beklagte ist Eigentümer eines Grundstücks, das sich im Winkel zwischen der L. Straße und dem A. weg in B. befindet. Der A. weg mündet wiederum in die Straße R., in der der Kläger wohnt. Auf dem hinteren Teil des Grundstücks des Beklagten Richtung "R." Flurstück 81/3 (vgl. die Lageskizze Bl. 73 d.A.) befindet sich eine stillgelegte Schmiede. Die Parteien kennen sich persönlich. Überdies war der Beklagte, der eine Schmiede betreibt, in der Vergangenheit mehrfach für den Kläger als Schmied tätig gewesen (s. auch LGU 2, Bl. 109 d.A.).

Unstreitig entwarf der Kläger Pläne zum Umbau der Schmiede sowie zur Erweiterung des Gebäudes in ein Wohn und Geschäftshaus, in dem fünf Eigentumswohnungen entstehen sollten für die Firma D. Bauträger (vgl. insb. die Skizze Bl. 75 d.A.), die nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten (S. 2 und 4 des

Schriftsatzes vom 23.4.2009, Bl. 29 und 31 d.A., S. 3 des Protokolls vom 25.6.2009, Bl. 58 d.A.) der Ehefrau des Klägers gehört und nach dem Deutschen Firmenportal "hotfrog" (www.hotfrog.de/Firmen/D.Bautraeger - zuletzt abgerufen am 17.2.2010) unter derselben Adresse wie der Kläger ansässig ist. Das Projekt wurde nicht realisiert. Der Kläger bemühte sich seiner eigenen Erklärung vor der Kammer nach (Protokoll vom 25.6.2009, Bl. 57 R d.A.) im Rahmen eines "Rundum sorglos Paketes" unentgeltlich darum, für das Objekt einen Eigentümer, Mieter oder Pächter zu gewinnen. Dies gelang jedoch nicht.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob sie einen Architektenvertrag geschlossen haben. Einen schriftlichen Vertrag gibt es unstreitig nicht.

Der Kläger ist der Ansicht, allein aufgrund des Umfangs seiner Leistungen müsse ihm ein Honoraranspruch zustehen. deshalb sei vom Abschluss eines Architektenvertrags auszugehen. Akquisitionsleistungen im Vorfeld eines Vertragsschlusses seien "nur in einem sehr schmalen Rahmen" möglich, der hier überschritten sei. Wenn der Beklagte dagegen behaupte, es sei nie ein Vertrag geschlossen worden, müsse er dies - dass kein Architektenvertrag abgeschlossen sei - beweisen (S. 2 des Schriftsatzes vom 12.5.2009, Bl. 36 d.A.). Der Kläger hat, nachdem wie er selbst vorträgt der Beklagte in die Realisierung des Projekts nicht habe eintreten wollen und die gesamte Angelegenheit "so im Sande verlaufen" sei (S. 4 der Klageschrift, Bl. 4 d.A.), seine Leistungen ggü. dem Beklagten abgerechnet unter Ansatz anrechenbarer Nettokosten von 680.000 EUR (brutto 812.758,98 EUR, Bl. 5 d.A.) und der Honorarzone IV gem. § 16 HOAI sowie eines Umbauzuschlags von 33 %. Mit Schlussrechnung vom 22.1.2009 (Anlage K 7, Bl. 19 d.A.) macht er ggü. dem Beklagten die Klageforderung von 36.596,57 EUR geltend.

Der Beklagte behauptet, es sei kein Architektenvertrag geschlossen worden (insbesondere S. 2 der Klageerwiderung, Bl. 29 d.A.), und hat dies im Einzelnen vorgetragen.

Das LG ist der Rechtsansicht des Klägers folgend davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien ein mündlicher, vergütungspflichtiger Architektenvertrag zustande gekommen sei. Der Beklagte habe deshalb beweisen müssen, dass der Kläger seine Leistungen trotzdem habe unentgeltlich erbringen wollen (LGU 3 f., Bl. 110 f. d.A.). Auf der Grundlage der Zeugenaussagen (vgl. Protokoll vom 25.6.2009, Bl. 57 f. d.A.) sei dem Beklagten der ihm obliegende Beweis der Unentgeltlichkeit nicht gelungen (LGU 5, Bl. 112 d.A.). Der Einzelrichter der Kammer hat deshalb die Klage dem Grund nach für gerechtfertigt erklärt und dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung von Architektenhonorar aus Planungsarbeiten im Zusammenhang mit dem Grundstück L. Straße in B. gegen den Beklagten zuerkannt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, der eine vollständige Abweisung der Klage erreichen will. Das LG habe die Beweislast verkannt. Der Kläger hätte darlegen und beweisen müssen, dass und wie ein Vertragsschluss zustande gekommen sei. Der Kläger habe auch widersprüchlich vorgetragen. Anhand der Zeugenaussagen könne der Kläger den Nachweis eines Vertragsschl...

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