Verfahrensgang
LG Lüneburg (Aktenzeichen 9 O 36/19) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 23.08.2019 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das angefochtene landgerichtliche Urteil sowie das vorliegende Berufungsurteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aus Gebrauchtwagenkauf wegen der Betroffenheit vom sogenannten "Diesel-Abgasskandal" geltend. Dabei geht es um den VW-Motor EA 288, den Nachfolgemotor des EA189, der den Abgasskandal ausgelöst hatte.
Der Kläger erwarb gemäß Kaufvertrag vom 03.05.2017 bei einem Händler einen gebrauchten VW Golf 1,6 TDI, Tachostand 101.800 km, zu einem Kaufpreis von (brutto) 12.800 EUR (Bl. 233 = 266 d. A.). Die Finanzierung, welche durch die X-Bank nach dem "AutoCredit" - Modell erfolgte (vgl. Bl. 265 d. A.), ist mittlerweile erledigt. Der Kläger beglich die Restschuld von 5.999,38 EUR am 03.06.2020 (Bl. 1007 ff. d. A.).
Der Kläger hat behauptet, das Fahrzeug verfüge über eine gesetzeswidrige Motorsteuerungssoftware. Ebenso wie beim Motor EA 189 seien unzulässige Abschaltvorrichtungen vorhanden. Das Abgasverhalten auf der Straße weiche aufgrund der Motorsteuerung von dem auf dem Prüfstand ab. Ebenso wie beim Motor EA 189 erkenne die Software den Unterschied zwischen dem Prüfstandmodus und dem Straßenbetrieb.
Der Kläger hat die Erstattung des Kaufpreises sowie seiner Finanzierungskosten (957,40 EUR) zuzüglich Deliktszinsen auf den Kaufpreis ab Kaufdatum, Zug um Zug gegen Übereignung des Wagens, verlangt. Dem ist die Beklagte entgegengetreten. Sie hat bestritten, dass der streitgegenständliche VW Golf TDI mit einer Prüfstanderkennungssoftware ausgestattet sei. Es seien keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verbaut worden, es gebe keine Rückrufaktion durch das KBA, es drohe dem Kläger auch keine Betriebsuntersagung oder sonstige behördliche Auflagen.
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der getroffenen Feststellungen, der in erster Instanz von den Parteien gestellten Anträge sowie der Gründe der Entscheidung Bezug genommen wird (Bl. 763 ff. d. A.), hat die Klage abgewiesen (Bl. 763 ff. d. A.). Der klägerische Vortrag zum Vorhandensein einer gesetzeswidrigen Motorsteuerungssoftware sei nicht ausreichend substantiiert, sondern beschränke sich auf bloße Mutmaßungen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine in erster Instanz abgewiesenen Ansprüche weiterverfolgt. Lediglich die in erster Instanz noch verlangten Deliktszinsen nach § 849 BGB werden in Befolgung der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum "Diesel-Abgasskandal" nicht mehr geltend gemacht. Insoweit hat der Kläger seine Klage mit Zustimmung der Beklagten teilweise zurückgenommen.
Der Kläger wiederholt und vertieft seine Ausführungen zum Vorliegen einer gesetzeswidrigen Motorsteuerungssoftware. Die Fahrzeuge mit EA 288-Dieselmotor und NSK-Abgasnachbehandlungstechnologie, somit auch das streitgegenständliche Fahrzeug, verfügten über eine Lenkwinkelerkennung, eine Temperaturerkennung und Zeiterfassung (Bl. 946 ff. d. A.), ferner sei das streitgegenständliche Fahrzeug mit einem unzulässigen Thermofenster ausgestattet, wodurch die Abgasnachbehandlung nur bei Außentemperaturen zwischen 17 °C und 30 °C uneingeschränkt funktioniere, darunter und darüber jedoch stark reduziert sei. Schließlich habe die Beklagte das OBD-System (Onboard-Diagnose-System) manipuliert, weil dieses bei ordnungsgemäßer Funktionsweise das unzureichende Funktionieren der Abgasreinigung angezeigt hätte. Bei ordnungsgemäßer Funktionsweise wären nämlich Fehlermeldungen im Speicher abgelegt worden, mit der Folge, dass das Fahrzeug eine Abgasuntersuchung nicht hätte bestehen können. Ferner hätte im Armaturenbrett eine entsprechende Kontrollleuchte geleuchtet, welche die fehlerhafte Funktion dem Fahrer angezeigt hätte.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Lüneburg zu erkennen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerpartei Euro 13.757,40 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2019 abzüglich einer im Termin zu beziffernden Nutzungsentschädigung, Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeuges VW Golf 1.6 TDI mit der Fahrgestellnummer ... zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 12.02.2019 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1 bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von Euro 1.184,05 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.2.2019 zu zahlen.
Hilfsweise:
Das Urteil des Landgerichts Lüneburg wird aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das ihr günstige Urteil des Landgerichts.
Sie bestreitet das Vorhandensein einer unzulässigen A...