Leitsatz (amtlich)
Ansprüche der Eltern eines bei einem Bundeswehreinsatz zu Tode gekommenen Soldaten.
Normenkette
BGB § 839; SVG § 91a
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 07.04.2006; Aktenzeichen 13 O 217/05) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 7.4.2006 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des LG Hannover wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Berufungswert: 72.012 EUR.
Gründe
I. Die Kläger verlangen als Eltern des bei einem Bundeswehreinsatz in der Ostsee am 6.3.2002 getöteten Soldaten S. aus ererbtem und eigenem Recht Schadensersatz und Schmerzensgeld sowie Feststellung künftiger Ersatzpflicht von dem beklagten Land (im Folgenden: die Beklagte zu 1) und von dem Beklagten zu 2, der seinerzeit Kommandant der Fregatte Mecklenburg-Vorpommern (im Folgenden: MVP) gewesen ist. Darüber hinaus begehren sie ein Schmerzensgeld wegen der Einleitung eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim LG Bonn durch den Beklagten zu 2 (Beiakte 9 O 274/05 LG Bonn).
Die Kläger werfen dem Beklagten zu 2 im Wesentlichen vorsätzliches Handeln vor, wodurch es zum Tod des Soldaten gekommen sei.
Wegen aller weiterer Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil des LG verwiesen, durch das die Klage abgewiesen worden ist. Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie die erstinstanzlichen Ansprüche in vollem Umfang weiterverfolgen.
Sie wiederholen und vertiefen im Wesentlichen ihre Rechtsauffassung, der Beklagte zu 2 habe den Tod ihres Sohnes vorsätzlich herbeigeführt, indem er den Einsatz des Rettungsbootes der MVP nicht angeordnet habe.
Die Kläger beantragen,
1. an die Kläger als Gesamtgläubiger 24.012,38 EUR zu zahlen,
2. an den Kläger zu 1 einen Betrag von 14.000 EUR zu zahlen,
3. an die Klägerin zu 2 einen Betrag von 14.000 EUR zu zahlen,
4. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner den materiellen und immateriellen Schaden "aus dem Tötungsdelikt vom 6.3.2002" zu ersetzen haben, soweit diese Ansprüche nicht auf öffentliche Träger übergegangen sind.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 aus Anlass des Todes des Sohnes der Kläger, die allein auf § 839 BGB gestützt werden könnten, bestehen nicht. Für eine Haftung aus einer Amtspflichtverletzung, die hier allein in Betracht kommen kann, haftet anstelle des handelnden Amtsträgers nach Art. 34 GG allein der Staat, nicht der Beamte (Soldat) persönlich. Im vorliegenden Fall kommt in Betracht, dass der Beklagte zu 2 in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes - dem Kommando über die Fregatte MVP - eine ihm dem Soldaten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt hat. Für diesen Fall trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst der Amtsträger steht. Durch Art. 34 GG wird die Haftung für Amtspflichtverletzungen mithin auf den Staat verlagert und der Amtsträger von der unmittelbaren Verantwortlichkeit ggü. dem Geschädigten befreit (BGH v. 6.7.1989 - III ZR 79/88,BGHZ 108, 230= MDR 1989, 1085m.w.N.). Eine unmittelbare Inanspruchnahme des Beklagten zu 2 ist damit ausgeschlossen. Darauf sind die Kläger auch mehrfach, zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, ohne Erfolg hingewiesen worden.
2. Soweit Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach §§ 839, 847 BGB (a.F.), Art. 34 GG infolge des Schiffsunglücks in Rede stehen, die dem getöteten Soldaten selbst erwachsen sein könnten, kann nur eine Haftung der Beklagten zu 1 aus dem Gesichtspunkt einer vorsätzlichen Amtspflichtverletzung in Betracht kommen. Dies betrifft zunächst Ansprüche auf weiter gehende Leistungen auf Schadensersatz als sie nach dem SVG begründet sind, sowie Ansprüche auf Schmerzensgeld.
a) Nach § 91a SVG haben die nach diesem Gesetz versorgungsberechtigten Personen aus Anlass einer Wehrdienstbeschädigung gegen den Bund nur die auf diesem Gesetz beruhenden Ansprüche. Sie können Ansprüche nach allgemeinen gesetzlichen Vorschriften, die weiter gehende Leistungen als nach diesem Gesetz begründen, gegen den Bund nur dann geltend machen, wenn die Wehrdienstbeschädigung oder gesundheitliche Schädigung i.S.d. §§ 81a bis 81d durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung einer solchen Person verursacht worden ist.
Der Todesfall eines Soldaten im Rahmen eines Manövers erfüllt den Tatbestand der Wehrdienstbeschädigung. Nach §§ 1, 1a SVG gehören auch die Kläger als Hinterbliebene des Soldaten zu den Personen, für die die Versorgung im SVG geregelt ist. Aus § 91a SVG folgt mithin, dass ihnen weiter gehende Ansprüche (aus Amtspflichtverletzung gem. § 839 BGB, Art. 34 GG) aus Anlass des Schiffsunglücks vom 6.3.2002 nur zustehen können, wenn die Weh...