Leitsatz (amtlich)
Zur Sittenwidrigkeit einer Konkurrenzschutzklausel in einem gewerblichen Mietvertrag.
Normenkette
BGB §§ 138, 535
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 06.01.2000; Aktenzeichen 4 O 338/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsbeklagten wird das am 6. Januar 2000 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stade geändert.
Der Beschluss der Kammer vom 29. Oktober 1999 wird aufgehoben.
Der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 20.000 DM festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Berufung des Verfügungsbeklagten hat in der Sache Erfolg.
Dem Verfügungskläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu.
Dabei kann dahinstehen, ob die von dem Verfügungsbeklagten in Werbezetteln angekündigte Aufnahme des Verkaufs von Grabgestecken, Tannen und Zubehör in … gegen das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gemäß § 10 des Mietvertrages der Parteien vom 17. Juni 1993 verstoßen würde.
Dieses Wettbewerbsverbot ist nämlich nach § 138 BGB sittenwidrig.
Zwar sind Wettbewerbsbeschränkungen mit Rücksicht auf die vor allem bei der Auslegung der zivilrechtlichen Generalklauseln zu beachtenden Wertentscheidungen der Verfassung, insbesondere des Art. 12 Abs. 1 GG, zulässig, wenn sie örtlich, zeitlich und gegenständlich das notwendige Maß unter Berücksichtigung des schützenswerten Interesses des Vermieters nicht überschreiten (vgl. Senat ZMR 1990, 414; BGH NJW 1997, 3089). Als schutzwürdiges Interesse des Vermieters ist dabei insbesondere der Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass der Vermieter auch nach dem Ende des Mietverhältnisses ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran hat, dass der frühere Mieter in der Nähe keinen Konkurrenzbetrieb eröffnet. Von einem derartigen Betrieb können nämlich erhebliche Beeinträchtigungen für die Weitervermietung des Mietgegenstandes ausgehen. Vor diesem Hintergrund ist eine vertragliche Abrede grundsätzlich nicht zu beanstanden, welche dem ausscheidenden Mieter zumutet, zunächst auf die Eröffnung eines Betriebes der genannten Art im näheren Umkreis des Mietobjekts zu verzichten. Die nachvertragliche Konkurrenzschutzabrede wird auch nicht schon mit der tatsächlichen Weitervermietung gegenstandslos, die hier durch die Eröffnung des neuen Betriebes der Nachfolgemieterin … in dem streitbefangenen Objekt erfolgt ist. Schützenswert ist nämlich auch das Interesse des Vermieters, einen Konkurrenzbetrieb des ausscheidenden Mieters vor Ort bis zur Einführung und Konsolidierung des Nachmieters am Markt zu verhindern. Eine Konkurrenzschutzregelung ist auch nicht von der Vereinbarung einer Entschädigung abhängig, weil der von dem Mieter während der Mietzeit erwirtschaftete „good will”, soweit er an das Mietobjekt anknüpft, als Teil der Rückgabeverpflichtung aus § 556 Abs. 1 BGB dem Vermieter zusteht.
Unter Berücksichtigung der Art des in dem streitbefangenen Mietobjekt betriebenen Geschäftes (Blumenhandel), der örtlichen Verhältnisse (Größe der Gemeinde und ursprünglich vorhandene Konkurrenzsituation) sowie der vereinbarten Vertragsdauer von ca. 8 1/2 Jahren seit Vertragsschluss am 17. Juni 1993 (Ende der Mindestmietzeit: 30. November 2002) ist jedoch die vereinbarte Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots von 5 Jahren, wie auch das Landgericht angenommen hat, unverhältnismäßig, weil die aufgezeigten schutzwürdigen Belange des Verfügungsklägers einen derartigen Zeitraum nicht erfordern.
Die vereinbarte Konkurrenzschutzklausel begegnet aber noch weiteren Bedenken.
In räumlicher Hinsicht ist mit einem Wettbewerbsverbot für den Mieter eines Blumenladens schon dann eine erhebliche Beeinträchtigung seiner gewerblichen Betätigungsfreiheit verbunden, wenn sich das Verbot auf den gesamten Bereich einer dörflichen Gemeinde bezieht. Im vorliegenden Fall geht die Konkurrenzschutzregelung in ihrer räumlichen Ausdehnung noch weit darüber hinaus, indem sie einen Umkreis von 5 Kilometern „um … herum” erfasst. Unabhängig davon, ob in diesem Bereich noch weitere Ortschaften oder Ortsteile liegen, wäre dadurch z. B. auch der Straßenverkauf von Blumen und anderen der in § 5 Mietvertrag aufgeführten Waren in diesem Radius untersagt, ohne dass dafür ein schutzwürdiges Interesse des Verfügungsklägers glaubhaft gemacht ist.
Außerdem ist die vereinbarte uneingeschränkte Geltung der Konkurrenzschutzabrede ohne Rücksicht auf den Grund der Vertragsbeendigung dem Verfügungsbeklagten als Mieter nicht zuzumuten, weil sie auch im Falle der vorzeitigen Vertragsbeendigung infolge einer berechtigten fristlosen Kündigung des Verfügungsbeklagten wegen eines schuldhaften vertragswidrigen Verhaltens des Verfügungsklägers gelten würde (z. B. bei einem Verstoß des Verfügungsklägers gegen die von ihm selbst für die Dauer des Vertrages in der Vorbemerkung zum Mietvertrag übernommene Verpflichtung, dem Verfügungsbeklagten keine Konkurrenz zu machen).
Vo...