Entscheidungsstichwort (Thema)
"Zerstörung" in der Leasing-Restwert-Versicherung (GAP-Versicherung)
Normenkette
VVG § 1 S. 1; AKB
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 12.03.2014) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.3.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Hannover unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.377,17 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.6.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 6.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen im Zusammenhang mit einem Fahrzeugschaden.
Die Parteien verbindet mit Wirkung ab dem 11.2.2010 eine Vollkaskoversicherung mit eingeschlossener Leasing-Restwert-Versicherung (GAP-Deckung). Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) zugrunde. Hinsichtlich des Inhalts der AKB wird auf Bl. 10 - 48 d.A. Bezug genommen.
Am 23.4.2010 wurde das versicherte Leasingfahrzeug in einen Unfall verwickelt. Die Leasinggeberin nahm auf der Basis eines Totalschadens eine Endabrechnung vor und errechnete eine Gesamtforderung gegen den Kläger i.H.v. 5.377,17 EUR.
Unter anderem mit anwaltlichem Schreiben vom 20.6.2012 wandte sich der Kläger an die Beklagte und ersuchte diese um Erstattung des von der Leasinggeberin errechneten Betrags. Die Beklagte lehnte dies mit der Begründung ab, dass die GAP-Versicherung nur im Fall eines Totalschadens, eines Verlustes oder einer Zerstörung greife. Alle drei Varianten lägen indes nicht vor, so dass kein Versicherungsfall eingetreten sei.
Der Kläger hat behauptet, dass am versicherten Fahrzeug durch den Unfall ein Totalschaden eingetreten sei. Das ergebe sich bereits aus der Abrechnung der Leasinggeberin. Die in den Versicherungsbedingungen erfolgte Definition des Totalschadens benachteilige den Kläger im Übrigen auch unangemessen. Dass der Kläger das Fahrzeug nicht habe reparieren lassen, spiele insoweit keine Rolle. Darüber hinaus liege auch eine Zerstörung vor.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.377,17 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.4.2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Es liege kein Totalschaden, sondern ein Reparaturschaden vor. Der Wiederbeschaffungswert belaufe sich auf brutto 78.350 EUR, während die Reparaturkosten brutto 65.115,06 EUR betrügen (Bl. 70 d.A.).
Mit Urteil vom 12.3.2014 (Bl. 106 - 110 d.A.) hat das LG die Klage abgewiesen. Der Versicherungsfall sei nicht eingetreten. Ein Totalschaden liege nicht vor, weil die Reparaturkosten nicht den Wiederbeschaffungswert überstiegen. Das Fahrzeug sei aber auch nicht zerstört worden, weil dies eine völlige Aufhebung der Gebrauchsfähigkeit voraussetze. Der Begriff der Zerstörung gehe erheblich über die Beschädigung hinaus und müsse ebenso schwerwiegend sein wie ein Totalschaden.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Es liege ein Totalschaden vor. Insoweit müsse auch auf den Restwert abgestellt werden. Außerdem sei von einer Zerstörung des Fahrzeugs auszugehen. Die Beklagte habe diesen Begriff in den Versicherungsbedingungen nicht definiert, so dass die Interpretation des LG nicht nachvollziehbar sei.
Der Kläger beantragt, das Urteil des LG Hannover vom 12.3.2014 - 6 O 80/13 - aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.377,17 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.4.2010 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Übrigen und im Einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
II. Die zulässige Berufung ist mit Ausnahme eines Teils der geltend gemachten Zinsen begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch gem. § 1 Satz 1 VVG in Verbindung mit Ziffer A. 5.5 AKB zu.
1. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Zwar bezieht sich der streitgegenständliche Versicherungsvertrag auf ein Leasingfahrzeug. Auch hat das zur Folge, dass dem streitgegenständlichen Rechtsverhältnis ein Vertrag für fremde Rechnung i.S.v. §§ 43 ff. VVG zugrunde liegt und der Versicherungsnehmer gem. § 45 Abs. 2 VVG nur dann Zahlung an sich selbst verlangen kann, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist. Diese Voraussetzung ist hier aber erfüllt, weil der Kläger eine Kopie des Versicherungsscheins vorgelegt hat.
2. Der Versicherungsfall im Sinne von Ziffer A. 5.5 AKB ist eingetreten.
a) Ein Totalschaden im Sinne der Versicherungsbedingungen liegt allerdings nicht vor. Dieser ist gemäß Ziffer A. 2.6 Nr. 4 AKB gegeben, we...