Leitsatz (amtlich)
1. Benötigt ein Bauunternehmer bei seinen Arbeiten zur Herstellung eines Werkes für seinen Auftraggeber eine Baumaschine und wird diese von einem Spezialunternehmen nebst Führer gestellt und bedient, so kann es sich um einen auf Überlassung von Arbeitsgerät und Führer gerichteten Vertrag, der Elemente eines Miet- und eines Dienstverschaffungsvertrages enthält, einen Dienstvertrag oder um einen Werkvertrag handeln.
2. Der Überlassungsvertrag ist auf eine Überlassung des Gerätes nebst Personal zur eigenverantwortlichen Selbstnutzung mit Hilfe des überlassenen Personals gerichtet. Beim Dienstvertrag verpflichtet sich der Dienstverpflichtete zur eigenverantwortlichen Leistung der Dienste, beim Werkvertrag zur eigenverantwortlichen Herstellung eines bestimmten Arbeitsergebnisses.
3. Leistet ein Spezialunternehmen für Tiefbauarbeiten einem Bauunternehmer bloße Hilfe bei der Herstellung eines Werkes für den Bauherrn in Form einer Zuarbeit, ohne dass es ein in sich geschlossenes Werk herstellt, so kann dies gegen die Einordnung eines Werkvertrages sprechen. Bei einer solchen Konstellation kann die Annahme eines Dienstvertrages dann in Betracht kommen, wenn der Dritte eigenverantwortlich die Zuarbeit mit seiner Maschine und seinem Personal übernehmen soll, dagegen um einen als Miet- und Dienstverschaffungsvertrag anzusehenden Überlassungsvertrag, wenn der Dritte dem Bauunternehmer Maschine und Personal zur eigenverantwortlichen Selbstbedienung zu überlassen hat.
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 17.06.2004; Aktenzeichen 7 O 153/03) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17.6.2004 verkündete Grund- und Teilurteil der 7. Zivilkammer (Kammer für Handelssachen) des LG Lüneburg teilweise abgeändert.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 18.885,64 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.2.2004 öH zu zahlen. Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszugs werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der anderen Seite durch Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Gegenseite Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Beklagte wurde im März 2003 vom Wasser- und Schifffahrtsamt mit dem Bau von stählernen Dalben als Festmacheeinrichtung im oberen Vorhafen der Schleuse B./H. Stichkanal beauftragt.
Am 17.3.2003 bat die Klägerin die ... Brunnenbau GmbH unter Übersendung eines Auszugs aus dem Leistungsverzeichnis des Wasser- und Schifffahrtsamtes um kostenlose Unterbreitung eines Angebots für die Gestellung einer passenden Drehbohranlage für die auszuführenden Arbeiten (Bl. 101). Diese Anfrage erreichte die zur selben Unternehmensgruppe gehörende Beklagte, die der Klägerin mit Schreiben vom 21.3.2003 folgendes Angebot unterbreitete:
"... wir danken für Ihre Anfrage und übersenden Ihnen in der Anlage unser Angebot. Gemäß Rücksprache mit Ihrem Herrn W. sollen 3 Dalbenbohrungen mit einem Bohrdurchmesser von ca. 1,50 m ausgeführt werden. Zusätzlich müssen vor dem Ziehen und Wiederausbauen der Bohrrohre die bauseitigen Dalben eingesetzt und im Ringraum verfüllt oder verpresst werden (bauseitige Leistung). Die gesamte Dauer inkl. Einrichten/Verholen des Pontons, Bohrung, Einbau und Verfüllung eines Dalben sowie Ziehen der Rohre soll maximal einen Tag dauern. Diese Leistung bieten wir Ihnen auf Grundlage eines Arbeitstages an. Grundlage unseres Angebotes sind:
- Ihre Anfrage;
- Die vorliegenden Planunterlagen;
- Das von uns erstellte Leistungsverzeichnis;
- Die VOB in ihrer letzten Fassung;
- Dieses Anschreiben;
- Die AGB Spezialtiefbau.
Für evtl. Schäden haften wir im Rahmen der gesetzlichen Haftpflicht, d.h. für schuldhaft durch uns verursachte Schäden.
Wir unterstellen, dass eine Baustelleneinrichtung nur einmal erforderlich ist. Der Baugrund ist hindernis-, kampfmittel-, leitungs- und hohlraumfrei und unbelastet von Kontaminationen.
Wir weisen vorsorglich darauf hin, dass Herstellungstoleranzen berücksichtigt werden müssen. Übliche Toleranzen sind %plusmn; 5 cm im Bohransatzpunkt sowie ± 1 % Bohrtiefe.
An bauseitigen und für uns kostenlosen Leistungen sind von Ihnen preislich zu berücksichtigen:
- Einmessen der Verbausachen und Übergabe eines Höhenbezugspunktes;
- Mitbenutzung Ihrer Tagesunterkünfte und sanitären Anlagen;
- Lieferung von Strom (380 V/20 kW) und Wasser (C-Anschluss);
- Gestellung eines Lagerplatzes im Baustellenbereich einschließlich einer Lkw-Zufahrt;
- Gestellung einer ausreichenden Arbeitsebene ohne Höhenbegrenzung, die trocken und standfest ist (Ponton, inkl. Verholen);
- Gewährleistung eines ungehinderten und kontinuierlichen Arbeitsablaufes;
- Das Durchörtern evtl. im Boden befindlicher Hindernisse erfolgt nach Aufwand zum Nachweis als Zulage zu den entsprechenden Positionen;
- Ebenso werden Stillstände, die nicht von uns zu vertreten sind...