Leitsatz (amtlich)
Zu den Beratungspflichten beim Immobilienkauf aus einem Beratungsvertrag.
Normenkette
BGB §§ 433, 675
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 19.08.2004; Aktenzeichen 2 O 21/04) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 19.8.2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Hannover unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels geändert und wie folgt gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 49.262,36 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 7.2.2004 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von allen zugunsten der B. Bausparkasse AG aus den Darlehensverträgen Nr. 419134401 und 419134402 vom 16.8.1993 bestehenden Darlehensrückzahlungs- und Zinszahlungsverpflichtungen freizustellen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den weiteren, ab dem 1.11.2003 entstandenen bzw. noch entstehenden Schaden zu ersetzen, und zwar zu Ziff. 1. bis 3. jeweils Zug um Zug gegen Übertragung des Grundbesitzes an der im Aufteilungsplan des beim AG H. geführten Wohnungsgrundbuches von H. mit Nr. 15 bezeichneten Eigentumswohnung in H.,..., III. OG rechts, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad und Keller.
4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Übereignungsangebots über die oben beschriebene Wohnung im Annahmeverzug befindet.
5. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
6. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
7. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Kläger Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
8. Die Revision wird zugelassen.
9. Streitwert für beide Instanzen: bis zu 155.000 EUR (Berufungsverfahren: 49.376 EUR + Freistellung 82.317 EUR + Feststellung 10.000 EUR; erste
Instanz: 58.012 EUR + Freistellung 82.317 EUR + Feststellung 10.000 EUR).
Gründe
I. Der Kläger begehrt im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung eines im Jahre 1993 geschlossenen Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung in H., ..., mit der Begründung, er sei von einem Vermittler der Fa.A. und Partner, die ihrerseits von der Fa. H. & B. GmbH beauftragt worden sei, im Zusammenhang mit dem Erwerb der voll finanzierten Wohnung falsch beraten worden.
Die Beklagte war u.a. Eigentümerin der aus insgesamt 80 Einheiten bestehenden Wohnanlage in Hameln, die sie nach Teilsanierung und Aufteilung in Eigentumswohnungen der im Jahre 2000 in Konkurs gefallenen Firma H. & B. in Dortmund zum Vertrieb an die Hand gegeben hatte. Sie ließ dem 1965 geborenen Kläger - wie in zahlreichen anderen dem Senat vorliegenden Fällen - durch standardisiertes notarielles Angebot des von ihr ständig beauftragten Notars S. in H. eine Zwei-Zimmer-Wohnung zum Preis von 138.095 DM anbieten (Anlage B 3). Der Kläger nahm dies Angebot am 5.9.1993 an (Anlage B 2).
Unstreitig erhielt der Kläger einen Verkaufsprospekt der Beklagten, in dem u.a. auf die Vertriebsfirma H. & B. GmbH und deren Tochterfirmen hingewiesen war (Anlage R 1). Die Beklagte behauptet dazu, es habe jedenfalls keine schriftliche Vertriebsvereinbarung gegeben (Bl. 137).
Wie in zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen auch, schloss der Kläger einen Finanzierungsvermittlungs- und Objektvermittlungsvertrag ab, was sich aus den entsprechenden Gebühren ergibt, die neben den Abschlussgebühren für die Darlehensverträge und weiteren Nebenkosten ebenfalls dem Finanzierungsaufwand zugeschlagen wurden (Bl. 92, 93), so dass sich insgesamt ein Betrag von 161.000 DM ergab, der zunächst durch zwei tilgungsfreie Vorausdarlehen der B. zur Verfügung gestellt wurde (Darlehensvertrag Bl. 13 ff.), die sodann durch zwei nacheinander anzusparende Bausparverträge der B. abgelöst werden sollten. Insoweit entspricht das Finanzierungsmodell in vollem Umfang dem sog. Dortmunder Modell, welches Gegenstand der beiden Parteien bekannten Senatsentscheidungen in den Verfahren 16 U 126/04 und 127/04 (BGH - V ZR 4/05, V ZR 5/05) war, auf die verwiesen wird.
Um zu vermeiden, dass die Beklagte für Beratungsfehler (insb. bei der Finanzierung) der von ihr beauftragten Vertriebspartnerin und der von dieser gegründeten Untergesellschaften und sonstiger von diesen Gesellschaften eingeschalteter Vermittler haften muss, bestimmt § 8 des not. Kaufangebotes, dass der Verkäufer für die Wirtschaftlichkeit inkl. Steuereffekte keine Verantwortung übernimmt, die Finanzierung ausschließlich Sache des Käufers ist und insb. Vertriebsbeauftragte der Verkäuferin nicht berechtigt sind, zu diesem Thema verbindliche Aussagen zu machen.
Der Kläger hat behauptet, er sei im Sommer 1993 von einem Mitarbeiter K. der Vermögensberatung A. & Partner aufgesucht worden, der ihm den Erwerb der Wohnung als Kapitalanlage zur Steuerersparnis und Altersvorsorge bei Vollfinanzierung empfohlen habe. Der Erwerb sei ohne Eigenkapital möglich und die monatlichen Belastungen würden fast...