Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob zwischen Unternehmen, die den Goldankauf zum Geschäftsgegenstand haben und ihren Sitz einerseits in P. in Baden-Württemberg (Klägerin) und andererseits in W. in Niedersachsen (Beklagter) haben, ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn die Klägerin in ihrem Internetauftritt damit wirbt, dass sie Gold auch auf dem Postweg ankauft.
Normenkette
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Urteil vom 27.06.2011; Aktenzeichen 9 O 80/10) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Verden vom 27.6.2011 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von einer Darstellung des Sach- und Streitstands wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat Erfolg.
Der Klägerin fehlt es an der Klagebefugnis i.S.v. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.
Die für die Annahme der Klagebefugnis i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG erforderliche Stellung als Mitbewerber i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG liegt vor, wenn die Parteien versuchen, Waren oder Dienstleistungen innerhalb derselben Verkehrskreise abzusetzen mit der Folge, dass das konkrete beanstandete Wettbewerbsverhalten den anderen beeinträchtigen kann. Dies setzt voraus, dass sich die beteiligten Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen (st. Rspr., vgl. z.B. BGH, Urt. v. 29.3.2007 - I ZR 122/04, juris, Rz. 18). Der räumlich maßgebliche Markt wird im Wesentlichen durch die Reichweite der Geschäftstätigkeit des werbenden Unternehmens bestimmt. Er kann örtlich oder regional begrenzt sein. Die Marktstellung des werbenden Unternehmens, die Attraktivität seines Angebots und die Reichweite seiner Werbung können für die Bestimmung der Grenzen des Marktes maßgeblich sein (vgl. BGH, Urt. v. 19.6.1997 - I ZR 72/95, juris, Rz. 14; im Überblick: Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 2 Rz. 106c ff.).
Dass diese Voraussetzungen vorliegend gegeben sind, hat die Klägerin - auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass im Interesse eines wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes an das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses keine hohen Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 241/03, juris, Rz. 16; Köhler, a.a.O., § 2 Rz. 95) - nicht hinreichend dargelegt bzw. unter Beweis gestellt.
1. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass sie einen Internetauftritt unterhält, auf dem damit geworben wird, dass sie Gold auch auf dem Postweg ankauft, vermag der Senat nicht zu erkennen, dass sich die Klägerin in Bezug auf dieses Marktverhalten auf demselben Markt betätigt wie der Beklagte.
Der maßgeblich relevante räumliche Markt ist der der Geschäftstätigkeit des Beklagten. Dieser betreibt sein Ladengeschäft in W. (Niedersachsen). Zwar ist der Internetauftritt der Klägerin, mit dem sie damit wirbt, dass sie Gold auch auf dem Postweg ankauft, als solcher selbstverständlich auch in W. zu empfangen. Rein theoretisch käme daher in Betracht, dass Kunden aus W. und Umgebung, die beabsichtigen, Gold zu verkaufen, zunächst auf den Internetauftritt der Klägerin aufmerksam werden und sich dann auch tatsächlich dazu entschließen, von diesem Verkaufsweg Gebrauch zu machen. Indes hat die Klägerin weder dargelegt geschweige denn unter Beweis gestellt, dass Derartiges in der Praxis tatsächlich geschieht, was dem Senat im Übrigen auch als lebensfremd erscheinen würde.
Zunächst ist bereits nicht erkennbar, dass potentielle Interessenten aus W. und Umgebung überhaupt auf die Internetseite der Klägerin gelangen. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass der Internetauftritt der Klägerin bei einer Sucheingabe bei der Suchmaschine "g." jedenfalls nicht auf den ersten drei Trefferseiten erscheint. Dann aber ist schon nicht ersichtlich, wie potentielle Goldverkäufer aus W. und Umgebung überhaupt auf die Internetseite der Klägerin stoßen sollen. Selbst wenn Derartiges aber geschehen würde, vermöchte der Senat nicht zu erkennen, dass potentielle Goldverkäufer aus W. und Umgebung dann auch tatsächlich in Erwägung ziehen würden, ihr Gold auf dem Postweg an die Klägerin, die ihren Sitz in P. hat, zu versenden. Wie dem Senat aus eigenem Wissen bekannt ist, gibt es heutzutage stationäre Goldankaufstellen in jeder Stadt in größerer Anzahl. Dass es angesichts dessen Personen gibt, die ihre Goldvorräte, anstatt sie in ein Geschäft vor Ort zu bringen, auf dem - unsicheren und kostenauslösenden - Postweg an die Klägerin versenden, wo die Ware und der eventuell zu zahlende Erlös überhaupt erst einmal geprüft werden muss, ohne dass der potentielle Verkäufer zu diesem Zeitpunkt noch Zugriff auf sein Gold hat, erscheint dem Senat als überaus lebensfremd, zumal die Klägerin auch gar nicht behauptet, dass ihr Angebot sich von dem anderer Goldankaufsstellen im für den potentiel...