Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Kennzeichnung von Werbung in sozialen Medien wie Instagram
Leitsatz (amtlich)
Das Hashtag #ad genügt jedenfalls dann nicht zur Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks eines Beitrags bei Instagram oder ähnlichen sozialen Medien, wenn es sich am Ende des Beitrags und dort an zweiter Stelle von insgesamt sechs Hashtags befindet.
Normenkette
UWG §§ 3, 5a Abs. 6
Verfahrensgang
LG Hannover (Entscheidung vom 08.03.2017; Aktenzeichen 23 O 5/17) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das am 8. März 2017 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover geändert:
Der Verfügungsbeklagten wird bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, untersagt, im geschäftlichen Verkehr unter Einschaltung einer als Privatperson auftretenden Dritten, beispielsweise "x.", für kosmetische Produkte zu werben, ohne den geschäftlichen Zweck der Werbung für diese Produkte kenntlich zu machen, insbesondere zu werben:
"An alle Sparfüchse: AUFGEPASST! NUR morgen gibt es in allen Filialen von #r. & im Online Shop 40% Rabatt auf Augen Make-Up! Viel Spaß beim Einkaufen! @mein_r. Eyes: RdeL Y. Mascara & M. N. Y. The Rock Nudes Lidschatten Palette
#b. #ad #eyes #shopping #rabatt #40prozent"
samt der Abbildung zweier weiblicher Unterarme mit Kosmetika und Schmuckstücken,
wenn dies geschieht wie im Internet unter www.i.com gemäß Ausdruck vom 24. Januar 2017, Anlage A 3.
2. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung des Verfügungsklägers hat Erfolg. Sie führt zur Änderung des angefochtenen Urteils.
1. Dem Verfügungskläger steht gegen die Verfügungsbeklagte ein im einstweiligen Verfügungsverfahren durchsetzbarer Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Werbung zu.
a) Der Verfügungsanspruch folgt aus §§ 8 Abs. 1, 3, 5a Abs. 6 UWG.
aa) Der Verfügungskläger ist, was die Verfügungsbeklagte nicht in Abrede nimmt, als eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden, gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG befugt, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche geltend zu machen.
bb) Der streitgegenständliche Beitrag bei I. verstößt gegen § 5a Abs. 6 UWG. Bei dem Beitrag handelt es sich um eine geschäftliche Handlung (dazu (1)), deren kommerzieller Zweck nicht kenntlich gemacht ist (dazu (2)) und der sich auch nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt (dazu (3)); die Handlung ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (dazu (4)).
(1) Geschäftliche Handlung ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG unter anderem jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes von Waren objektiv zusammenhängt. Darunter fällt auch der streitgegenständliche Beitrag, bei dem es sich um Werbung handelt, die den Absatz von Kosmetika fördern soll. Dass es sich bei dem Beitrag um eine Äußerung der auf I. als "x." auftretenden Person handelt, steht der Annahme einer geschäftlichen Handlung nicht entgegen, weil diese Person für den Beitrag unstreitig eine Vergütung erhält (vgl. Köhler/Bornkamm/ Köhler, UWG, 35. Aufl., § 5a Rn. 7.71, 7.77).
(2) Der kommerzielle Zweck des streitgegenständlichen Beitrags ist nicht ausreichend kenntlich gemacht. Der gegenteiligen Auffassung des Landgerichts vermag der Senat nicht zu folgen.
Wie der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung kenntlich zu machen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls und des verwendeten Kommunikationsmittels ab. Der Hinweis muss jedoch so deutlich erfolgen, dass aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds der jeweils angesprochenen oder betroffenen Verbraucherkreise kein Zweifel am Vorliegen eines kommerziellen Zwecks besteht (Köhler/Bornkamm/Köhler, § 5a Rn. 7.27). Der kommerzielle Zweck muss auf den ersten Blick hervortreten (Seichter in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl. 2016, § 5a UWG Rn. 141). Das ist vorliegend nicht der Fall. Die Verwendung des Hashtags "#ad" ist jedenfalls in der Form, wie es vorliegend erfolgt ist, nicht ausreichend, um den Beitrag als Werbung zu kennzeichnen.
(a) Der Senat lässt offen, ob die von der Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten unter anderem empfohlene Verwendung des Hashtags "#ad" grundsätzlich geeignet ist, einen Beitrag bei I. oder ähnlichen sozialen Medien als Werbung zu kennzeichnen. Das Ergebnis der von dem Verfügungskläger als Anlage BB 1 vorgelegten Meinungsu...