Leitsatz (amtlich)
1. Ein Gewährleistungsausschluss im Mietvertrag ist unwirksam, wenn sich aus der Prozessführung des Vermieters in einem Rechtsstreit gegen den Bauunternehmer, der die Mieträume vor Beginn des Mietvertrages umgestaltet hat, ergibt, dass die Vermieter die geltend gemachten Mängel des Mietobjektes schon bei Abschluss des Mietvertrages kannten.
2. Eine analoge Anwendung des § 539 BGB a.F. auf nachträglich festgestellte Mängel der Mietsache scheidet aus, wenn der Vermieter bei Vertragsschluss arglistig Mängel der Mietsache verschwiegen hat.
Normenkette
BGB § 536b a.F., § 536d n.F., § 539 a.F., § 540 a.F.
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 19 O 1490/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 6.12.2001 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des LG Hannover wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch i.Ü. zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das LG hat die Klage auf Zahlung restlichen Mietzinses zu Recht abgewiesen. Den Klägerinnen waren bei Abschluss des Mietvertrages auf Grund der Mängelrügen des vorhergehenden Mieters … die Mängel der Gaststätten- und Ladenräume bekannt. Gleichwohl haben die Klägerinnen in § 9 des Mietvertrages einen weitreichenden Gewährleistungsausschluss vereinbart, obwohl sie genau wussten, dass das Objekt mit Mängeln behaftet war, wie sich vor allem auch aus ihrem eigenen Vortrag in dem beigezogenen Verfahren 4 C 569/99 AG Springe ergibt.
Die Klägerinnen haben im Hinblick auf die Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz auch insoweit zu tragen, als die Parteien übereinstimmend den Zahlungsanspruch teilweise und den Räumungsanspruch vollständig übereinstimmend für erledigt erklärt haben.
I. Zwar sollten gem. § 9 Abs. 1 des Mietvertrages Schadensersatzansprüche wegen Sachmängeln nur sehr eingeschränkt geltend gemacht werden können und die Mieterin insb. nicht zu einer Minderung des Mietzinses berechtigt sein. Diese Vereinbarung, mit der die Haftung der Klägerinnen für Sachmängel eingeschränkt werden sollte, ist aber nach § 540 BGB a.F. unwirksam, weil die Klägerinnen der Beklagten vorhandene Sachmängel des Mietobjekts arglistig verschwiegen haben. Wie sich aus den beigezogenen Akten 4 C 569/99 AG Springe ergibt, wussten die Klägerinnen schon bei Abschluss des Mietvertrages am 19.5.1999 mit der Beklagten, dass die 1996 von dem dortigen Kläger durchgeführten Umbauarbeiten mangelhaft waren und die Arbeiten durch den Bauunternehmer B. nicht sach- und fachgerecht ausgeführt worden waren. Dies folgt vor allem aus dem Schriftsatz der Klägerinnen in dem Verfahren 4 C 569/99 AG Springe vom 5.5.2000 (Bl. 47 ff. d.BA), in dem die Klägerinnen selbst auf die Fehler der Lüftungsanlage, das Auftreten von Verstopfungen und die Unterdimensionierung der Heizungsanlage hingewiesen haben, wobei sie wegen dieser Mängel den dortigen Beklagten … schon 1998 und Anfang 1999 in Anspruch genommen haben.
Bei dieser Ausgangslage, bei der noch hinzu kommt, dass der Vormieter … anlässlich seiner Vernehmung durch die Kammer am 14.9.2000 (Sitzungsprotokoll Bl. 126 ff. d.A.) bekundet hat, dass er in seiner Mietzeit von November 1998 bis Mai 1999 ebenfalls bereits Mängel ggü. den Klägerinnen wegen der Schließanlage, der Geruchserscheinungen, der unterdimensionierten Heizungsanlage und der Verstopfungen der Toiletten sowie der Unbenutzbarkeit einer Damentoilette gerügt habe, ist davon auszugehen, dass die Klägerinnen bei Vertragsschluss die erheblichen Mängel des Mietobjekts kannten, die im Wesentlichen mit den Mängeln übereinstimmen, die die Beklagte ggü. den Klägerinnen geltend gemacht hat und die den Verkauf von Lebensmitteln und den Betrieb eines Bistros in den vermieteten Räumen unzumutbar machten.
Aufgrund dieses Wissens hätten die Klägerinnen mit der Beklagten keinen Haftungsausschluss – insb. auch keinen Minderungsausschluss – vereinbaren dürfen, sondern wären vielmehr nach § 242 BGB verpflichtet gewesen, die Beklagte auf bestehende Mängel des Mietobjekts hinzuweisen. Eine Freizeichnung des Vermieters von der Haftung für anfängliche versteckte Mängel der Mietsache ist jedenfalls dann nicht mit Treu und Glauben zu vereinbaren, wenn der Vermieter genau weiß, dass es Mängel gibt, die den vereinbarten Vertragszweck massiv beeinträchtigen. Dies war hier aufgrund der fehlerhaft verlegten Grundleitungen, der mangelnden Beheizbarkeit und der fehlerhaften Entlüftungseinrichtungen der Fall. Ein Vermieter, der derart gravierende Mängel bei Abschluss eines langjährigen Mietvertrages nicht offenbart, handelt arglistig.
Zwar verteidigen sich die Klägerinnen in zweiter Instanz mit dem Vortrag, die Beklagte selbst habe durch ihre Umbaumaßnahmen die Baumängel erst herbeigeführt oder bestehende Mängel, wie etwa die von Anfang an unterdimensionierte Heizung, verschlimmert. Dass diese Verteidigun...