Leitsatz (amtlich)
1. Der Architekt muss bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung den wirtschaftlichen Rahmen für ein Bauvorhaben abstecken und seinen Auftraggeber über die zu erwartenden Kosten informieren. Verletzt er seine Pflicht zur sachgerechten Beratung über die Höhe der voraussichtlichen Baukosten, kann der Auftraggeber den Architektenvertrag aus wichtigem Grund kündigen.
2. Ein Architekt hat den Auftraggeber darüber zu informieren, wann konkret welche Handwerker, die die Fachplanung miterledigen sollen, beauftragt werden müssen und welche Folgen eine verspätete Beauftragung mit sich bringt.
3. Der Objektplaner, der zugleich Fachplanungsleistungen erbringt, erhält sowohl das entsprechende volle Honorar nach Teil 4 Abschnitt 2 HOAI 2009 als auch - über die Einbeziehung der anrechenbaren Kosten der technischen Ausrüstung - eine entsprechend erhöhte Vergütung für die Objektplanung.
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 10.12.2013; Aktenzeichen 9 O 124/11) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.12.2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 9. Zivilkammer des LG Hannover teilweise abgeändert.
Die Klage wird weiter abgewiesen, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger mehr als 12.342,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 32.342,13 EUR vom 1.3.2011 bis 8.2.2014 und auf 12.342,13 EUR ab 9.2.2014 zu zahlen.
Die weiter gehende Berufung der Beklagten und die Anschluss-berufung des Klägers werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszuges tragen der Kläger 62 % und die Beklagte 38 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 81 % und der Beklagten zu 19 % auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-Fachen des aufgrund des Urteils gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe des 1,1-Fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A) Die Parteien streiten über vom Kläger beanspruchte restliche Honoraransprüche aus Architektenleistungen des Dipl.-Ing. B. für ein Neubauvorhaben der Beklagten in G., die der Kläger aus abgetretenem Recht des Architekten B. geltend macht.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug
genommen. Dieser ist jedoch dahingehend zu berichtigen, dass sich der mit der Klage geltend gemachte Zahlbetrag aus der Schlussrechnung vom 16.2.2011 von insgesamt 86.203,24 EUR richtigerweise wie folgt zusammensetzt:
Honoraranteil für bis zur Kündigung erbrachte Leistungen der Gebäudeplanung für die Leistungsphasen 1 bis 5 (voll) sowie 6 bis 8 (teilweise) nebst sonstiger Leistungen (perspektivische Darstellung) und Nebenkosten:
27.223,86 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer,
Honoraranteil für kündigungsbedingt nicht erbrachte Leistungen der Gebäudeplanung aus den Leistungsphasen 6 bis 8:
21.019,93 EUR ohne Mehrwertsteuer,
Honorar für behauptete erbrachte Leistungen der technischen Ausrüstung in den Anlagengruppen 1 bis 5 einschließlich Nebenkostenpauschale:
27.552,03 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer.
Ferner ist zu ergänzen, dass der Kläger in seiner Replik den Vortrag der Beklagten unstreitig gestellt hat, die auf dem Dach des Neubaus anzubringende Photovoltaikanlage sowie die einzubauende Gebäudesteuerung hätten nach der ursprünglichen Vereinbarung zwischen dem Architekten und der Beklagten von den Lieferanten bzw. damit beauftragten Handwerkern eigenverantwortlich geplant und ausgeführt werden sollen. Ferner sei es zutreffend, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Erstellung der Kostenberechnung vom 18.5./10.6.2010 beabsichtigt habe, auch die Beratung zu den sonstigen haustechnischen Gewerken mit deren Ausführung zu koppeln, ohne für die einzelnen Gewerke ein besonderes Ausschreibungsverfahren durchzuführen; stattdessen hätten Firmen beauftragt werden sollen, die der Beklagten für gute Arbeit bekannt gewesen seien und die dann zugleich ohne gesonderte Vergütung auch die Planung für die sie betreffenden Gewerke hätten anfertigen sollen (vgl. Schriftsatz vom 21.9.2011, S. 3 und 5, Bl. 40 und 42 d.A.).
Das LG hat nach Einholung eines Honorargutachtens der Sachverständigen Sch. vom 8.3.2013 der Klage mit am 10.12.2013 verkündetem Urteil, auf das auch im Übrigen zur näheren Sachdarstellung verwiesen wird, in Höhe eines Teilbetrages von 57.410,11 EUR nebst anteiliger Verzugszinsen stattgegeben und die weiter gehende Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das LG ausgeführt, der zugesprochene Zahlbetrag stehe dem Architekten B. als Honorar sowohl für die erbrachten als auch für die infolge der Vertragskündigung nicht mehr erbrachten Leistungen in Bezug auf die Gebäudeplanung zu. Weil von der Beklagten zugleich der Honorarteil für die nicht erbrachten Leistungen geschuldet werde, könne ausnahmsweis...