Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Ersatzvornahmeverlangen
Leitsatz (amtlich)
Der Auftragnehmer haftet bei Vorliegen eines von ihm zu vertretenden Mangels auf die Kosten einer Ersatzvornahme beim VOB-Vertrag nur, wenn die Voraussetzungen des § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B vorliegen. Danach bedarf es einer wirksamen Fristsetzung zur Mängelbeseitigung und dem fruchtlosem Ablauf dieser Frist.
Eine wirksame Fristsetzung liegt jedoch nicht vor, wenn der Besteller z.B. einen Komplettaustausch verlangte, obwohl der Auftragnehmer diesen nicht schuldete. Der Auftraggeber darf keine bestimmte Art der Mängelbeseitigung oder der vertragsgerechten Herstellung verlangen, wenn der Vertrag auch auf andere Weise erfüllt werden kann.
Normenkette
VOB § 13 Nr. 5 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 17.01.2013; Aktenzeichen 3 O 106/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 17.1.2013 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Hannover wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention der Streithelferin der Drittwiderbeklagten.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,1-fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Parteien streiten im Berufungsverfahren (nur noch) über von der Beklagten im Wege der Widerklage gegen die Klägerin und die Drittwiderbeklagte geltend gemachte Schadensersatzansprüche wegen entstandener Mehraufwendungen im Zusammenhang mit einem auf Veranlassung der Beklagten durch ein Drittunternehmen durchgeführten Austausch des Rohrnetzes der Kühlkreisläufe 1 und 2 für die Kühlung eines Elektronenbeschleunigers der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig.
Im Zuge des streitgegenständlichen Bauvorhabens wurden in den Jahren 2007 und 2008 in einem neu zu errichtenden Gebäude auf dem Gelände der PTB insgesamt drei Beschleuniger hergestellt. Die Kühlkreisläufe 1 und 2 gehörten zu einem neuen Prototyp eines Teilchenbeschleunigers, der von der Firma A. konstruiert und aufgebaut wurde. Die ausgetauschten Kühlrohre waren von der Klägerin eingebaut worden. Diese war ursprünglich auf der Grundlage eines von der Drittwiderbeklagten erstellten Leistungsverzeichnisses von der Beklagten am 6.2.2007 (u.a.) mit dem Einbau von Kaltwasserrohrleitungen nebst Zubehörbestandteilen beauftragt worden. Die Drittwiderbeklagte war ihrerseits mit der Beklagten durch einen Ingenieurvertrag vom 7./12.10.2005 verbunden, der die Planung, die Vorbereitung der Vergabe, die Mitwirkung an der Vergabe sowie die Objektüberwachung der zu errichtenden Anlage zum Gegenstand hatte.
Die Kühlwasseranlage sollte mittels sog. VE-Wasser (d.h. voll entsalztem Wasser, welches wegen seiner Elektrolytarmut nahezu keinen elektrischen Strom leitet) betrieben werden, das in den von der Klägerin montierten Kühlrohren zirkulieren sollte. Zwischen den Rohren waren Regelventile montiert, die von der Beklagten gestellt und von der Klägerin eingebaut wurden. Diese bestanden aus Gusseisen. Die Klägerin hatte zunächst in Umsetzung der entsprechenden Vorgaben des Leistungsverzeichnisses (Anlage K 1 im Anlagenband I) sog. "schwarze" Stahlrohre eingebaut, die unstreitig - ebenso wie auch die gusseisernen Regelventile - unter Einwirkung von Wasser und Sauerstoff rosten.
Diese Arbeiten hatte sie am 23.8.2007 fertiggestellt (vgl. Anlage K 4, Anlagenband I). Anschließend wurde festgestellt, dass der Einbau von Komponenten aus schwarzem Stahl für den beabsichtigten Betrieb mit VE-Wasser wegen der Rostentwicklung ungeeignet war. Die Beklagte und die Drittwiderbeklagte gingen insoweit einvernehmlich von einem allein von der Drittwiderbeklagten zu verantwortenden Planungsfehler aus. Die Klägerin wurde unter Zusage einer weiteren Vergütung beauftragt, die Rohre der Kühlkreisläufe 1 und 2 gegen solche aus rostfreiem Edelstahl auszutauschen. Aufgrund entsprechender Bedenken und Hinweise der Klägerin wurde ferner ein Austausch der bauseits gestellten Graugussventile gegen Edelstahlventile vereinbart, wobei die Ventile wiederum bauseits beschafft, aber von der Klägerin eingebaut werden sollten. Weil sich die Lieferung der Ventile verzögerte, wurde einvernehmlich vorgesehen, dass die Klägerin zunächst die Rohre austauschen und die alten Graugussventile als "Platzhalter" belassen sollte; letztere sollten dann nach Eintreffen der Edelstahlventile gesondert ausgetauscht werden.
Über diese Arbeiten erstellte die Klägerin das Nachtragsangebot Nr. 8 vom 29.10.2007 (vgl. Anlagenkonvolut K 13, Anlagenband I). Die Beauftragung erfolgte nur teilweise durch die Beklagte (Nachtragsauftrag Nr. 8 vom 26.02./11.03.2008, Bl. 644 ...