Leitsatz (amtlich)
Haben die Parteien einen Werkvertrag (unter Einbeziehung der VOB) abgeschlossen, wonach die Arbeiten zu einem bestimmten Pauschalfestpreis auszuführen sind, sind von diesem Pauschalpreis alle Arbeiten erfasst, die der Auftragnehmer bis zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses dem Auftraggeber ggü. angezeigt hatte. Denn dies entsprach der für den Auftragnehmer erkennbaren Äquivalenzerwartung des Auftraggebers.
Verfahrensgang
LG Bückeburg (Urteil vom 15.05.2009; Aktenzeichen 2 O 176/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Bückeburg vom 15.5.2009 unter Zurückweisung des weitergehendes Rechtsmittels teilweise geändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.241,48 EUR nebst Zinsen i.H.v. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.8.2005 zu zahlen.
Im Übrigen wird Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen zu 89 % die Klägerin und zu 11 % der Beklagte.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 86 % die Klägerin und 14 % der Beklagte.
Die Kosten der Streithelferin trägt die Klägerin in erster Instanz zu 89 % und in der Berufungsinstanz zu 86 %; im Übrigen trägt die Streithelferin ihre Kosten selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten und der Streithelferin wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschwer für die Klägerin: über 20.000 EUR.
Beschwer für den Beklagten und die Streithelferin:
unter 20.000 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung eines Restwerklohns aus einem VOB-Werkvertrag über die Errichtung des Rohbaus einer Seniorenwohnheimanlage in Anspruch.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des LG (Bl. 91 ff. II GA) Bezug genommen.
Durch Urteil des LG vom 15.5.2009 ist der Klage weitgehend stattgegeben worden. Nach Ansicht des Gerichts könne die Klägerin die zusätzlich abgerechneten Nachträge und Zusatzleistungen überwiegend vergütet verlangen. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils (Bl. 97 ff. II GA) verwiesen.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Er macht geltend, der Vertrag sei mit der Maßgabe abgeschlossen worden, dass das Risiko etwaiger Mehrleistungen und Mehrkosten von der Klägerin getragen werde. Unabhängig davon könne die Klägerin entgegen dem LG unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Beklagte bei einer Auftragssumme von 1.106.480,40 EUR insgesamt schon 1.153.828,16 EUR gezahlt habe, keine weiteren Zusatzleistungen und Stundenlohnarbeiten vergütet verlangen. Er habe keine zusätzlichen Aufträge erteilt; auch sei ihm nicht angekündigt worden, dass er eine gesonderte Vergütung zu zahlen habe. Schließlich sei das von dem LG eingeholte Sachverständigengutachten nicht aussagekräftig.
Die Streithelferin macht geltend, der Werkvertrag sei mit der 10 %-Klausel unter Nr. 9 des "Werkvertrages Nachtrag Nr. 3" (Anlage B2) zustande gekommen. Zusatzaufträge, wie in dem Schreiben der Klägerin vom 4.4.2003 aufgeführt, seien nicht erteilt worden, sondern seien Gegenstand des Werkvertrages.
Es seien auch keine nachträglichen Leistungen angefallen bzw. notwendig gewesen.
Der Beklagte beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und macht unter Darlegung im Einzelnen geltend, dass die Angriffe des Beklagten und der Streithelferin gegen das landgerichtliche Urteil verfehlt seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Inhalt des nicht nachgelassenen Schriftsatzes der Klägerin vom 28.1.2010 gibt nach pflichtgemäßem Ermessen keinen Anlass zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung; die Rechtsausführungen sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat weitgehend Erfolg.
1. Der Klägerin steht ggü. dem Beklagten aus dem Bauvertrag lediglich ein restlicher Werklohnanspruch von 8.241,48 EUR zu.
a) Die Parteien hatten schriftlich am 11.4.2003 unter Einbeziehung der VOB einen Werkvertrag abgeschlossen (Anlage K1). Danach hatte es die Klägerin übernommen, beim Bauvorhaben des Beklagten, betreffend die Errichtung einer Seniorenwohnanlage in O., die Rohbauarbeiten ...