Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrags kann der Auftragnehmer in besonderen Ausnahmefällen die ihm zustehende Mindestvergütung in der Weise abrechnen, dass er die gesamte Leistung als nicht erbracht zugrunde legt und von dem Pauschalpreis die hinsichtlich der Gesamtleistung ersparten Aufwendungen absetzt.
2. Dies kann in Ermangelung einer "Urkalkulation" so geschehen, dass die Angebote aller Subunternehmer mit der Gesamtkalkulation des Auftragnehmers gleichgesetzt und darüber hinaus keine weiteren Eigenleistungen des Auftragnehmers berücksichtigt werden. Der Wert der nicht erbrachten Leistungen des Auftragnehmers entspricht dann den Aufwendungen, die nach den Angeboten der Subunternehmer insgesamt hätten erbracht werden müssen.
Normenkette
BGB § 649
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 14.03.2008; Aktenzeichen 16 O 266/06) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 16. Zivilkammer des LG Hannover vom 14.3.2008 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Rahmen einer Teilklage um Restwerklohn. In einem ersten Rechtsstreit (16 O 244/04 LG Hannover, 14 U 108/05 Senat, VII ZR 57/06 BGH) hatte die Klägerin aus dem Bauvertrag vom 14.11.2003 (Original Bl. 249 bis 251 d.A.), mit dem sich die Klägerin als Auftragnehmerin ggü. dem Beklagten als Auftraggeber verpflichtet hatte, 5 Doppelhäuser (10 EH) in Hannover zu errichten (Bl. 249 d.A.), die Zahlung von 75.000 EUR von dem Beklagten begehrt. Die Klage ist vom Senat rechtskräftig als derzeit unbegründet abgewiesen worden, weil die Klägerin ihre Vergütung damals nicht prüfbar abgerechnet
hatte. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Senatsurteil vom 7.2.2006 (BauR 2006, 2069).
Im vorliegenden Prozess macht die Klägerin ihre Forderung nach Maßgabe der - neuen - Schlussrechnung vom 10.7.2006 (Bl. 27 d.A.) erneut geltend, jedoch nur i.H.v. 40.000 EUR (Bl. 8 d.A.). Dabei hat sie ausdrücklich die vom BGH bzw. dem Senat verlangten Abrechnungsgrundsätze nicht eingehalten. Sie ist der Ansicht, eine Nachkalkulation sei obsolet, weil die Anforderungen an die Abrechnung nach einem gekündigten Pauschalvertrag von den Umständen des konkreten Einzelfalls abhängig seien; es genüge allein, dass die Angaben in der Schlussrechnung den Besteller in die Lage versetzten, sich sachgerecht zu verteidigen. Deshalb sei bei der Abrechnung "der übliche Dreisatz" nicht berücksichtigt worden (Bl. 96 d.A.). Die Kalkulation sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses "aus dem Bauch" heraus erfolgt, dann seien in diese Kalkulation die später eingeholten Angebote der Subunternehmer eingestellt worden (Bl. 138 d.A.). Es sei ein Vertrag über fünf Doppelhäuser = 10 Doppelhaushälften zwischen den Parteien geschlossen und hierbei eine Vergütung pro Einfamilienhaus i.H.v. 125.000 EUR brutto bestimmt worden (Gesamtvertragsvolumen 1.250.000 EUR brutto). Die Abrechnung habe hausweise nach einem Zahlungsplan erfolgen sollen (Bl. 2/3 d.A.). Aufgrund der Kündigung des Bauvertrags habe sie die kompletten anhand des Bautenstandes im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung noch ausstehenden Subunternehmervergütungen in voller Höhe erspart (Bl. 4 d.A.). Dementsprechend hat sie in der Schlussrechnung von dem vereinbarten Gesamtpreis (zzgl. eines weiteren Pauschalpreises für bestimmte Häuser aufgrund einer Zusatzvereinbarung) die mit 883.004,60 EUR netto bezifferten ersparten Aufwendungen abgezogen. Danach errechnet sie sich ein noch ausstehendes Nettohonorar von 209.575,40 EUR netto bzw. brutto i.H.v. 243.107,46 EUR. Hilfsweise macht sie nur den Wert der erbrachten Leistungen für die Häuser Nr. 36 und 38 geltend. Der Wert der tatsächlich erbrachten Leistungen betrage 53.870,19 EUR, d.h. für die beiden Doppelhäuser Nr. 36 und 38 zusammen 107.740,38 EUR (Bl. 114 d.A.). Von diesem Wert pro Haus seien Lohnkosten i.H.v. 3.988,90 EUR abzuziehen, so dass 49.881,10 EUR an Wert für die ausgeführten Arbeiten verbliebe. Das seien vom Gesamtwert eines Hauses (103.290 EUR) 48,29 %. Bezogen auf den Gesamtpreis für eine Doppelhaushälfte von 107.758,62 EUR ergebe dies einen Teilpreis i.H.v. 52.036,64 EUR (Bl. 104 d.A.). Nochmals hilfsweise stützt die Klägerin ihre Forderung auf entgangenen Gewinn, den sie mit 103.855,40 EUR für das gesamte Bauprojekt (alle Häuser) beziffert.
Der Beklagte hat demgegenüber die Klage für unzulässig, unschlüssig, in jedem Fall als zur Zeit unbegründet gehalten. Der Klagebegründung sei nicht zu entnehmen, welcher Teil des Gesamtanspruchs Gegenstand der Klage sei; der Streitgegenstand sei nicht individualisierbar. Es seien auch nur drei Doppelhäus...