Entscheidungsstichwort (Thema)
Kleine Ablehnung durch Begehren auf Fristverlängerung. Bindung an ein unterbreitetes Angebot. Verlängerung der Annahmefrist. Auslegung von Willenserklärungen. Verspätete Annahme
Leitsatz (amtlich)
In dem Wunsch nach Nachverhandlung der Konditionen eines Vertragsangebots liegt nicht zwingend die Ablehnung eines Angebots, vielmehr kann darin auch der Wunsch zum Ausdruck kommen, die ursprünglich gewährte Annahmefrist für die Dauer der Nachverhandlungen zu verlängern.
Normenkette
BGB § § 145 ff., §§ 148, 150
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 13.08.2008; Aktenzeichen 5 O 370/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Stade vom 13.8.2008 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte erwirkte im Jahr 2004 gegen die Klägerin einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid. Gegen die Vollstreckung aus diesem Titel, aus dem noch 7.064,30 EUR zur Zahlung offen stehen, wendet sich die Klägerin mit der Vollstreckungsabwehrklage.
Dies hat folgenden Hintergrund:
Mit Schreiben vom 5.6.2007 wandte sich die von der Beklagten beauftragte D. GmbH & Co. KG (im Folgenden nur D.) an die Klägerin und teilte mit, die Forderung aus dem Titel belaufe sich auf insgesamt 18.554,86 EUR. Zugleich unterbreitete sie ihr das Angebot, die Forderung durch Zahlung eines Betrages von 11.820 EUR bis spätestens zum 21.6.2007 abzulösen (Anlage K 1, Bl. 7 d.A.). Die Klägerin wandte sich daraufhin ihrerseits mit Schreiben vom 19.6.2007 an die D. Dort heißt es: "(...) Gerne würde ich die Forderung in einer Summe begleichen, bitte Sie jedoch um etwas mehr Zeit und um eine Reduzierung der Summe auf 8.000 EUR. Maximal diese Summe könnte ich mir relativ kurzfristig in der Verwandtschaft leihen (...)" (Anlage K 2, Bl. 8 d.A.). Mit Schreiben vom 26.6.2007 erklärte die D. ihre Bereitschaft, eine Verminderung der Rückzahlungssumme auf 8.000 EUR zu prüfen und bat in diesem Zusammenhang um aussagekräftige Unterlagen über die Verschuldungs- und Einkommenssituation der Klägerin (Anlage K 3, Bl. 9 d.A.). Nach weiterem Schriftwechsel über die angeforderten Unterlagen und deren Übersendung (Anlagen K 4 bis K 6, Bl. 10 bis 12 d.A.), erklärte die D. mit Schreiben vom 8.8.2007, mit der angebotenen Vergleichszahlung i.H.v. 8.000 EUR nicht einverstanden zu sein (Anlage K 7, Bl. 13 d.A.).
Am 31.8.2007 bat die Klägerin die D. um Begründung dieser Entscheidung, woraufhin diese mit Rückfax vom selben Tag erklärte, aufgrund der Nettoeinkünfte und der geringen Verschuldung der Klägerin bestehe kein Anlass für einen derartigen Teilverzicht.
Mit Schreiben vom 7.9.2007 (Bl. 127 d.A.) erklärte die Klägerin unter Bezugnahme auf ein Schreiben der Beklagten vom 4.9.2007, sie nehme "notgedrungen" das Vergleichsangebot vom 5.6.2007 über 11.820 EUR an, es sei ihr gelungen, in den letzten Tagen die fehlenden 3.820 EUR zu beschaffen. Den Betrag zahlte die Klägerin im Folgenden auch, wobei der genaue Zeitpunkt zwischen den Parteien streitig ist.
Mit PC-Telefax vom 19.9.2007 teilte die D. mit Blick auf ein Telefonat mit der Klägerin vom selben Tag mit, ihr Angebot vom 5.6.2007 sei bis Ende Juni 2007 begrenzt gewesen, weshalb noch ein weiterer Betrag i.H.v. 7.064,30 EUR zur Zahlung offen stehe, weswegen sie nunmehr die Vollstreckung betreibt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre Bitte um günstigere Vertragskonditionen hätte kein neues Vertragsangebot dargestellt. Angesichts der von der Beklagten gezeigten Verhandlungsbereitschaft sei die Annahmefrist für das ursprüngliche Angebot verlängert worden. Jedenfalls sei die Vorgehensweise der Beklagten treuwidrig.
Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat vielmehr gemeint, mit Ablauf des 21.6.2007 sei die Annahmefrist verstrichen. Die Annahme ihres ursprünglichen Angebots durch die Klägerin sei verspätet erfolgt und stelle ihrerseits einen neuen Antrag dar, den sie indessen nicht angenommen habe.
Das LG hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe bereits mit Schreiben vom 19.6.2007 das vorangegangene Angebot der D. angenommen. Dass sie die Vergleichssumme nicht zu dem vereinbarten Termin vom 21.6.2007 gezahlt habe, sei deswegen unschädlich, weil sich die D. auf die Bitte der Klägerin, eine weitere Verminderung der Rückzahlungssumme zu prüfen, eingelassen habe. Deshalb habe diese davon ausgehen dürfen, die ursprünglich gesetzte Zahlungsfrist sei verlängert worden. Schließlich wäre es treuwidrig, dürfte sich die Beklagte auf das Ablaufen der Frist im Zahlungszeitpunkt berufen.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie ihren ursprünglichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint, das LG habe sich mit Inhalt und Wortlaut des Schriftwechsels nicht ausreichend auseinander gesetzt. Dem Antwortschrei...