Leitsatz (amtlich)
1. Besteht zwischen dem verbauten und dem vereinbarten Verblender kein Qualitäts- und praktisch auch kein optischer Unterschied, der so gering ist, dass er nur auffällt, soweit die Steine direkt nebeneinander verbaut sind, ist das Nachbesserungsverlangen des Bestellers unverhältnismäßig und er muss sich mit einer Minderung zufrieden geben.
2. Eine formularmäßige Vertragsstrafenregelung hält der Inhaltskontrolle nicht stand und ist daher unwirksam, wenn sich der Auftragnehmer bei einer Fristüberschreitung nicht auf eine verspätete oder ausgefallene Materiallieferung seines Lieferanten berufen kann.
Normenkette
BGB §§ 307, 339; VOB/B § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3, § 11
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Urteil vom 06.03.2007; Aktenzeichen 5 O 38/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 6.3.2007 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des LG Verden teilweise abgeändert und die Klage weiter abgewiesen, soweit der Beklagte verurteilt ist, an die Klägerin mehr als 11.789,01 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.2.2002 zu zahlen.
Die Berufung der Klägerin und die weiter gehende Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 54,44 % und der Beklagte zu 45,56 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens zu 6 U 231/03 tragen die Klägerin zu 41,47 % und der Beklagte zu 58,53 %.
Die Kosten des Berufungsverfahrens zu 6 U 40/07 tragen die Klägerin zu 64,67 % und der Beklagte zu 35,33 %.
Die Kosten der Streithilfe werden dem Streithelfer auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Berufungsverfahren zu 6 U 40/07 wird auf 71.707,61 EUR und im Verhältnis des Beklagten zum Streithelfer der Klägerin auf 13.492,82 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin verlangt zum einen Zahlung einer Vertragsstrafe, hilfsweise Ersatz von Bereitstellungszinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, zum anderen Erstattung von Auslagen für Bauwasser und Baustrom sowie Vorschuss für die mangelfreie Vollendung ihres Wohnhauses auf ihrem Grundstück in S. - H., S. heide, der Beklagte widerklagend restlichen Werklohn nach gekündigtem Bauvertrag.
Mit Bauvertrag vom 29.10./4.11.1999 (Anlage K 1, Bl. 1 - 27 Anlagenband) beauftragte die durch den Architekten B., ihren Streithelfer, vertretene Klägerin den Beklagten unter Einbeziehung der VOB/B (Bl. 4 Anlagenband) mit der Herstellung eines Wohnhausneubaus mit Garage auf dem oben genannten Grundstück. Die vom Streithelfer gestellten Vertragsbedingungen sehen in Nr. 9 i.V.m. Nr. 4.01 (Bl. 10 und 24 Anlagenband) "bei Überschreiten von Vertragsterminen oder -fristen des Auftragnehmers für jeden Werktag der Verspätung eine Vertragsstrafe von 0,25 % der Bruttoabrechnungssumme", "jedoch maximal 5 % der Auftragssumme" vor. Außerdem heißt es unter 9.2 (Bl. 10 Anlagenband):
"Der Auftragnehmer verzichtet auf Einrede, soweit sie nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist. Fehlende Arbeitskräfte, verspätet oder ausgefallene Materiallieferungen, normale Witterungseinflüsse, zählen nicht als höhere Gewalt."
Entgegen der textlichen Leistungsbeschreibung zu den Maurerarbeiten, die "Verblendmauerwerk Emsländer" (Bl. 20 Anlagenband) vorsieht, verwandte der Beklagte den Stein "KASA-Color", der in Nuancen dunkler ist als der Stein "Emsländer".
Aufgrund Verhandlung vom 14.2.2000 legten die Parteien ausweislich Schreibens des Beklagten an die Klägerin vom 15.2.2000 (Anlage K 2, Bl. 28 f. Anlagenband), in dem die einzelnen Gewerke mit Stückpreisen, die Maurer- und Verblendarbeiten mit dem Vermerk "unverändert" aufgeführt sind, die Auftragssumme nach Abzug von "3 % Nachlass" auf pauschal 533.794,88 DM fest (= 460.168 DM+16 % MWSt.). Durch "Auftrags-Änderung" vom 15.12.2000 (Anlage K 17, Bl. 100 f. Anlagenband) wurde der Preis auf 527.793,06 DM brutto reduziert (= 269.856,31 EUR = 454.994,02 DM+16 % MWSt.), indem die "Schlosserarbeiten ..." (Pos. 13.1) als "Eigenleistung" herausgenommen wurden [454.994,02 DM = 460.168 DM - 5.173,98 DM (= 5.334 DM Schlosserarbeiten - 3 % Nachlass)].
Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.1.2001 (Anlage K 18, Bl. 102 f. Anlagenband) forderte die Klägerin den Beklagten auf, die "offen stehenden Arbeiten sowie die gemäß der Mängelliste vom 14.8.2000 und (die) im Teilabnahmeprotokoll vom 28.11.2000 aufgeführten Restarbeiten bzw. Mängelbeseitigungsarbeiten", darunter die fehlende äußere Fensterabdichtung bis zum 2.2.2001 "auszuführen", und drohte ihm für den Fall ergebnislosen Fristablaufs den Entzug des Auftrags gem. § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/B an, den sie mit anwaltlichem Schreiben vom 23.2.2001 (Anlage K 23, Bl. 124 - 126 Anlagenband) gg...