Leitsatz (amtlich)
1. Die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Spedition, die selbständige Frachtführer als Subunternehmer mit der laufenden Durchführung von Transporten betraut, enthaltene Klausel:
"Stellt der Fuhrunternehmer das Fahrzeug der Spedition nicht fristgerecht zur Verfügung, ist die Spedition berechtigt, von dem Vertrag zurückzutreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Hat der Fuhrunternehmer die Nichtbereitstellung zu vertreten, kann die Spedition zudem die Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. 3.000 Euro verlangen.",
ist hinsichtlich der vereinbarten Vertragsstrafe wegen Unbestimmbarkeit der sie auslösenden Pflichtverletzung unwirksam.
2. Die Höhe der Vertragsstrafe, die den monatlich erzielbaren Gewinn des Frachtführers übersteigt, stellt sich jedenfalls dann als auch im kaufmännischen Verkehr zu beanstandender pauschalierter Schadensersatz dar, wenn - wie im Streitfall - zugleich ein Kündigungsausschluss für die Dauer mehrerer Monate vorgesehen ist.
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 21.05.2003; Aktenzeichen 3 O 254/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil der 3. Zivilkammer des LG Lüneburg vom 21.5.2003 teilweise abgeändert und hinsichtlich des ersten Absatzes des Tenors des landgerichtlichen Urteils wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.000 Euro nebst 10,57 % Zinsen für die Zeit vom 4.5.2002 bis zum 22.1.2004 sowie ab dem 23.1.2004 Zinsen i.H.v. 8 % über dem Basiszinssatz nach DÜG im Höchstfall jedoch 10,57 % zu zahlen.
Die Kosten dieses Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last; die Entscheidung über die Kosten erster Instanz bleibt der Schlussentscheidung des LG vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer der Beklagten übersteigt nicht 20.000 Euro.
Gründe
I. Der Kläger, ein Fuhrunternehmer, macht gegen die Beklagte, eine Spedition, Ansprüche auf Auszahlung der Entgelte für durchgeführte Transporte geltend.
Am 7.1.2002 schlossen die Parteien eine Einsatzvereinbarung, derzufolge der Kläger mit einem eigenen Lkw für die Beklagte nach deren Weisung Transporte durchzuführen hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Akten gelangte Ablichtung der Einsatzvereinbarung GA 16-21 Bezug genommen. Eine nachvollziehbare Entgeltvereinbarung enthält der Vertrag nicht. Er enthält nur eine Regelung, in der es heißt:
"Die Frachten sind Pauschalentgelte für den jeweiligen Transport und werden nach normalen kaufmännischen Grundsätzen von der SPED (= Beklagte) bestimmt."
Vereinbart war ferner der Einsatz des Klägers ab 1.2.2002. Sodann hieß es auf Bl. 1 der Einsatzvereinbarung:
"Stellt der UN das Fahrzeug der SPED nicht fristgerecht zur Verfügung, ist die SPED berechtigt, von dem Vertrag zurückzutreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Hat der UN die Nichtbereitstellung zu vertreten, kann die SPED zudem die Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. Euro 3.000 verlangen."
Die Zusammenarbeit der Parteien dauerte nur bis 15.3.2002. Am 4.3.2002 kündigte der Kläger die Zusammenarbeit zum 15.3.2002 außerordentlich wegen unauskömmlicher Entgelte auf.
Die Beklagte zog von den von ihr zugunsten des Klägers ermittelten - als solche unstreitigen - Entgelten (GA 29 und GA 34) einmalig den Betrag einer Vertragsstrafe i.H.v. 3.000 Euro ab.
Allein diese Position ist Gegenstand des Berufungsverfahrens.
Die Beklagte hat gemeint, der Kläger schulde die Vertragsstrafe, weil er seit dem 15.3.2002 sein Fahrzeug nicht mehr zur Disposition der Beklagten zur Verfügung stellte.
Der Kläger hat demgegenüber gemeint, eine unberechtigte Nicht-Zur-Verfügung-Stellung des Lkw durch ihn habe es nicht gegeben. Dass er das Fahrzeug für die Zeit nach dem 15.3.2002 nicht mehr zur Verfügung stellen werde, habe er frühzeitig durch sein Schreiben vom 4.3.2002 angekündigt. Dass er den letzten vorgesehenen Transportauftrag, nämlich eine Tour von C. nach B. nicht mehr durchgeführt habe, habe an der Disposition der Beklagten gelegen, die ihm einen Abschluss dieser letzten Fracht noch am 15.3.2002 bis 24:00 Uhr nicht ermöglicht habe.
Das LG hat gemeint, die Vertragsstrafe sei verwirkt worden. Die Einsatzvereinbarung der Parteien vom 7.1.2002 sei wirksam. Ebenso sei das Vertragsstrafeversprechen wirksam; § 309 Nr. 6 BGB stehe dem nicht entgegen, weil diese Vorschrift im kaufmännischen Verkehr nicht gelte. § 307 BGB stehe der Wirksamkeit der Vorschrift nicht entgegen, weil eine unangemessene Benachteiligung des Schuldners nicht vorliege. Hieran fehle es im Streitfall, weil die Beklagte sich in ihrer Dispositionsbefugnis darauf habe verlassen können müssen, die Lkws ihrer Vertragspartner zeitgerecht einsetzen zu können. Gegen überraschende Nichtbereitstellungen habe sie sich absichern dürfen und müssen. Die Vertragsstrafe habe der Kläger verwirkt, weil er sein Fahrzeug seit dem 15.3.2002 nicht mehr zur Verfügung gestellt habe, obwohl eine Vertragskündigung für diesen Zeitpunkt ausgeschlossen gewesen sei und ein ...