Leitsatz (amtlich)

1. Der Gewährleistungsbürge kann sich ggü. dem Auftraggeber/Bürgschaftsgläubiger darauf berufen, dass im Verhältnis des Auftraggebers zum Hauptschuldner/Auftragnehmer Verjährung eingetreten ist.

2. Dies ist auch dann möglich, wenn der Auftraggeber Mängel in unverjährter Zeit ggü. dem Auftragnehmer gerügt hat, sofern eine § 17 Nr. 8 VOB/B entsprechende Bestimmung nicht Bestandteil des Vertrags zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ist.

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 30.08.2006; Aktenzeichen 6 O 185/05)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hannover vom 30.8.2006 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert im Berufungsverfahren wird auf 54.171,38 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Anstelle des Tatbestands wird auf die tatsächlichen Feststellungen und auf die Entscheidungsgründe im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. Sie wendet sich gegen die Annahme des LG, die Beklagte könne sich auf die Verjährung der Gewährleistungsansprüche der K. Bau und Sanierungs GmbH (im Folgenden: Firma K.) berufen. Die Bürgschaftsurkunden seien dahin auszulegen, dass die Beklagte in demselben Umfang haften wolle, in dem die Klägerin nach ihren Vereinbarungen mit der Firma K. gesichert gewesen sei. In den von der Klägerin mit der Firma K. abgeschlossenen Generalunternehmerverträgen sei vereinbart, dass die Klägerin die Bürgschaftsurkunde erst mit vollständiger Erledigung aller Gewährleistungsansprüche zurückgeben müsse. Auf die Durchsetzbarkeit der Ansprüche habe es erkennbar nicht ankommen sollen. Hätte das LG die Bürgschaftsverpflichtungen rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass die Beklagte auch für verjährte Gewährleistungsansprüche einzustehen habe, so hätte es der Klage in voller Höhe stattgeben müssen. Denn der Klägerin stünden hinsichtlich beider Bauvorhaben Schadensersatzansprüche zu, die der Höhe nach über der jeweiligen Bürgschaftssumme lägen. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II. Die Berufung ist unbegründet.

Das LG hat die geltend gemachten Bürgschaftsforderungen im Ergebnis mit Recht daran scheitern lassen, dass die Beklagte sich auf die Verjährung der Gewährleistungsansprüche berufen kann.

1. Die Gewährleistungsansprüche sind verjährt.

Das LG hat ausgeführt: In § 7 des jeweiligen Generalunternehmervertrags sei eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren, beginnend mit der förmlichen Abnahme der gesamten Bauleistung vereinbart. Die förmliche Abnahme habe bei beiden Objekten am 16./21.12.1999 stattgefunden, so dass die Gewährleistung am 21.12.2004 abgelaufen wäre. Gemäß dem jeweiligen Abnahmeprotokoll sei jedoch eine hiervon abweichende Gewährleistung bis zum 28.11.2004 für das Bauvorhaben T. straße und bis zum 15.11.2004 für das Objekt N. vereinbart worden. Diese Fristen seien aufgrund des Gewährleistungsverzichts der Beklagten verlängert worden, und zwar hinsichtlich des Bauvorhabens N. bis zum 31.1.2005 und hinsichtlich des Objekts T. straße bis zum 31.3.2005. Die durch die Mängelanzeige vom 7.3.2003 eingetretene "Quasi-Unterbrechung" nach § 13 Nr. 5 VOB/B ziehe das Ende der Verjährungsfrist nicht weiter hinaus, da sich diese ab Zugang der Mängelanzeige mit einer Frist von zwei Jahren berechne. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche sei nicht dadurch gehemmt oder unterbrochen worden, dass die Klägerin am 23.3.2005 wegen der Bürgschaftsforderungen Mahnbescheide beantragt hätte (BGH, Urt. v. 12.3.1980 - VIII ZR 115/79).

Diesen Ausführungen tritt der Senat mit der Maßgabe bei, dass die Beklagte auch hinsichtlich des Bauvorhabens N. bis zum 31.3.2005 auf die Verjährungseinrede verzichtete (Bd. I Bl. 123 d.A.).

2. Die Beklagte kann die Verjährung der Gewährleistungsansprüche geltend machen.

a) Die Befugnis des Gewährleistungsbürgen, sich auf die Verjährung des Gewährleistungsanspruchs zu berufen, folgt, sofern im Bürgschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, aus § 768 BGB. Dies gilt auch dann, wenn wie hier die Bürgschaftsklage vor Vollendung der Verjährung des Gewährleistungsanspruchs erhoben ist (BGH, Urt. v. 9.7.1998 - IX ZR 272/96), und es sich um eine selbstschuldnerische Bürgschaft handelt (BGH, Urt. v. 12.3.1980 - VIII ZR 115/79).

b) Die Beklagte hat im Bürgschaftsvertrag nicht die Verpflichtung übernommen, die Klägerin auch wegen solcher Ansprüche zu sichern, die die Klägerin wegen der eingetretenen Verjährung ggü. dem Auftragnehmer nicht mehr durchsetzen kann. Das ergibt eine Auslegung des Bürgschaftsvertrags.

Durch die Bezugnahme des Bürgscheins auf den Werkvertrag und durch die Formulierung, die Bürgschaft diene dazu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge