Leitsatz (amtlich)
Jeder Bauunternehmer, der seine Leistungen in engem Zusammenhang mit der Vorarbeit eines anderen oder auch auf Grund dessen Planungen auszuführen hat, muss prüfen, gegebenenfalls auch Erkundigungen einziehen, ob diese Vorleistung eine geeignete Grundlage für sein Werk bietet und keine Eigenschaft aufweist, die den Erfolg seiner eigenen Arbeit in Frage stellen kann.
Normenkette
VOB/B § 4 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Stade (Aktenzeichen 4 O 88/99) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 9.11.2000 verkündete Teilurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichtes Stade teilweise geändert:
Die Beklagte zu 1 ist dem Grunde nach verpflichtet, dem Kläger zu 50 % diejenigen Mängelbeseitigungskosten zu zahlen, die aus der Unterdimensionierung der Holzbalkendecke des Einfamilienhauses … in … entstehen.
Im Übrigen wird das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zu erneuten Verhandlung und Entscheidung im Betragsverfahren an das LG Stade zurückverwiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beklagten zu 2) im Berufungsverfahren. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem LG vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschwer: jeweils weniger als 60.000 DM.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1) hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang erfolgt.
I. Der Kläger nimmt die Beklagte zu 1) als bauausführendes Zimmererunternehmen gesamtschuldnerisch mit dem Beklagten zu 2) als Statiker auf Kostenvorschuss wegen mangelhafter Werkleistungen in Anspruch. Wegen des Sachverhalts im Einzelnen sowie wegen der Gründe der angefochtenen Entscheidung wird auf das Teilurteil der 4. Zivilkammer des LG Stade vom 9.11.2000 (Bl. 186ff d.A.) verwiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, der nach wie vor die Auffassung vertritt, die Beklagte zu 1) treffe eine Verletzung ihrer Prüfungspflicht als Bauunternehmerin bezüglich der vom Beklagten zu 2) gefertigten Statik.
Für die Beklagte zu 1) sei offenkundig gewesen, dass dem Beklagten zu 2) lediglich die Entwurfsplanung vorgelegen habe, nicht aber die Baubeschreibung, aus der sich überhaupt erst der Einschub mit Kalkschotter ergeben habe. Für die Beklagte zu 1) habe sich mithin aufgedrängt, dass diese Lastannahme in der Berechnung des Beklagten zu 2) fehlte.
Zudem habe sich die Beklagte zu 1) unstreitig Gedanken gemacht über das Gewicht von geglühtem Sand in Vergleich zu Kalkschotter. Bei den hierzu angestellten Überlegungen habe ihr auffallen müssen, dass die Statik eine entsprechende Lastannahme überhaupt nicht enthalten habe.
Die Beklagte zu 1) verteidigt die angegriffene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens.
Die zunächst auch gegen den Beklagten zu 2) eingelegte Berufung hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.
II. Dem Kläger steht dem Grunde nach ein Vorschussanspruch gem. § 633 Abs. 3 BGB gegen die Beklagte zu 1) zu. Zwar entspricht die Werkleistung der Beklagten zu 1) den Vorgaben des Statik des Beklagten zu 2) Sie ist gleichwohl mangelhaft.
Die Beklagte zu 1) trifft nämlich eine Verletzung ihrer Prüfungs- und der daraus folgenden Hinweispflicht gegenüber dem Kläger wegen der unvollständigen und deshalb fehlerhaften Statik des Beklagten zu 2).
Die in § 4 Nr. 3 VOB/B normierte Prüfungs- und Hinweispflicht des Werkunternehmers ist ein Ausfluss des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben, dessen Zweck es ist, den Besteller vor Schaden zu bewahren (BGH v. 23.10.1986 – VII ZR 48/85, MDR 1987, 308 = NJW 1987, 643 f.). Jeder Bauunternehmer, der seine Leistungen in engem Zusammenhang mit der Vorarbeit eines anderen oder auch auf Grund dessen Planungen auszuführen hat, muss deshalb prüfen, gegebenenfalls auch Erkundigungen einziehen, ob diese Vorleistung eine geeignete Grundlage für sein Werk bietet und keine Eigenschaft aufweist, die den Erfolg seiner eigenen Arbeit in Frage stellen kann.
Der Rahmen dieser Verpflichtung und ihre Grenzen ergeben sich aus dem Grundsatz der Zumutbarkeit, die anhand der besonderen Umstände jedes Einzelfalls zu beurteilen ist (BGH v. 23.10.1986 – VII ZR 48/85, MDR 1987, 308 = NJW 1987, 643 f.; OLG Köln v. 10.3.1987 – 22 U 221/86, BauR 1988, 241 [243]). Welche Anforderungen insoweit zu stellen sind, bestimmt sich u.a. nach dem von dem Unternehmer zu erwartenden Fachwissen, nach seiner Kenntnis von Informationsstand des Vorunternehmers und durch alle Umstände, die für den Unternehmer bei hinreichend sorgfältiger Prüfung als bedeutsam erkennbar sind.
Es entspricht st. Rspr., dass der Maßstab, der an den Umfang der Prüfungs- und Hinweispflicht des Werkunternehmers anzulegen ist, regelmäßig bei Einschaltung eines Sonderfachmann reduziert ist, gegebenenfalls auch vollständig entfallen kann (BGH ZfBR 1998, 244; OLG Celle v. 16.3.2000 – 13 U 126/99, OLGReport Celle 2001, 1 ff.; OLG Köln v. 10.3.1987 – 22 U 221/86, BauR 1988, 241 [243]). Auch im Fall der Einschaltung eines Sonderfachmannes ist jedoch der ausführe...