Entscheidungsstichwort (Thema)
Verschulden bei Vertragsschluss
Leitsatz (amtlich)
1. Vorsätzlich fehlerhafte (überhöhte) Verkehrswertfestsetzungen der finanzierenden Bank lösen, auch wenn die Vorschriften des Bausparkassengesetzes nicht drittschützend sind, einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB aus und rechtfertigen damit grundsätzlich ein Rückabwicklungsbegehren.
2. Auch die in den Kaufpreis eingerechneten Zinssubventionen der Verkäuferin an die finanzierende Bank bedeuten eine der Bank zuzurechende Vertragsverletzung, weil den Käufern damit vorgespiegelt wird, ihre Zinskonditionen entsprächen der Marktlage.
Normenkette
BGB § 826
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 16.12.2005; Aktenzeichen 13 O 2/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Beklagten gegen das am 16.12.2005 verkündete Urteil des LG Hannover - 13. Zivilkammer - werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Hinsichtlich der Beklagten zu 2 wird die Revision zugelassen.
Berufungsstreitwert: bis zu 190.000 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung eines im Jahre 1994 geschlossenen Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung in Emden, Gorch-Fock-Straße. Es handelt sich - wie in zahlreichen anderen Fällen auch - um den von der Beklagten zu 2 vollfinanzierten Erwerb nach dem "Dortmunder Modell". Die Beklagte zu 1 gewährte der Beklagten zu 2 dabei eine Zinssubvention von 139 DM/qm, die der Verbilligung der bei der Beklagten aufgenommenen Vorausdarlehen diente (LGU S. 13 ff.).
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf das Urteil des LG verwiesen, das der Klage im Wesentlichen gegen beide Beklagte stattgegeben hat.
Dagegen richten sich die Berufungen der Beklagten, mit die sie die Klagabweisung verfolgen.
Sie sind der Auffassung, es fehle an Beratungsfehlern bzw. einer Aufklärungspflicht sowie der erforderlichen Zurechnung etwaiger Beratungsfehler.
Die Beklagten beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die Berufungen der Beklagten haben keinen Erfolg.
A. Berufung der Beklagten zu 1:
Die Entscheidung des LG ist nicht zu beanstanden. Die Haftung der Beklagten auf Schadensersatz folgt aus Pflichtverletzungen eines Beratungsvertrages.
1. Der Senat hat bereits mehrfach Klagen von Erwerbern hinsichtlich einer Eigentumswohnung im Objekt Emden, Gorch-Fock-Straße entschieden, zuletzt beispielsweise Urteile vom 23.5.2006 und 26.9.2006 (16 U 234/05 und 16 U 284/05). Der letztgenannte Fall liegt bis auf wenige Abweichungen in einzelnen Zahlen nahezu identisch mit dem vorliegenden Verkaufsfall; der Senat hat in jenem Urteil Folgendes ausgeführt:
"1. Mit Recht hat das LG einen Beratungsvertrag angenommen.
Die Klägerin hat Anspruch auf Rückabwicklung und Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen aus einem Beratungsvertrag, die der Beklagten zuzurechnen sind."
Der Senat hat das in vergleichbaren Parallelfällen, an denen immer die Beklagte beteiligt war, wiederholt entschieden; daran ist festzuhalten (zuletzt u.a. OLG Celle v. 26.4.2005 - 16 U 187/04, OLGReport Celle 2005, 417; OLG Celle v. 8.3.2005 - 16 U 193/04, OLGReport Celle 2005, 262; v. 8.3.2005 - 16 U 185/05; v. 2.5.2006 sowie 16 U 234/05 vom 23.5.2006 - jene Entscheidung betrifft ebenfalls eine Wohnung aus dem Objekt Emden).
a) Nach der Rechtsprechung des BGH kann zwischen dem Verkäufer und Käufer ein Beratungsvertrag im Vorfeld eines Wohnungskaufes zustande kommen, wenn der Verkäufer im Zuge eingehender Vertragsverhandlungen dem Käufer, insb. auf Befragen, einen ausdrücklichen Rat erteilt; gleiches gilt, wenn der Verkäufer dem Käufer als Ergebnis der Verhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, das der Herbeiführung des Geschäftsabschlusses dienen soll (BGHR 2004, 75 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall ebenso gegeben wie in den vom Senat entschiedenen (Parallel-)Fällen (s.o.).
Hier - wie auch in den Parallelfällen - waren dem Erwerber von dem vor Ort tätigen Vermittler Beispielrechnungen (oder auch "Besuchsaufträge") übergeben worden, wobei im Fall der Klägerin entscheidend auf den Besuchsbericht (Anlage A 1) abzustellen ist.
Dies belegt das Zustandekommen eines besonderen Beratungsvertrages zwischen den Parteien. Das Vertriebskonzept der Beklagten war wie in zahlreichen anderen gleich gelagerten und dem Senat bekannten Verfahren darauf angelegt, dass sie zu keinem Zeitpunkt einen persönlichen Kontakt zu dem Erwerber aufzunehmen hatte. Sie hat vielmehr die Beratung und Vermittlung des Verkaufs aufgrund einer (auch hier unstreitigen) Vertriebsvereinbarung allein ihren Vertriebspartnern ...