Entscheidungsstichwort (Thema)
Gefälligkeiten unter Reitern nicht ohne Hinzutreten weiterer Anhaltspunkte im Einzelfall als arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten i.S.d. § 2 Abs. 2 SGB VII zu bewerten
Normenkette
BGB § 833; SGB 7 § 2 Abs. 2; SGB 7 § 104 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 08.09.2010; Aktenzeichen 6 O 191/09) |
BGH (Aktenzeichen VI ZR 66/11) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 8.9.2010 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG H. wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, es sei denn die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
4. Der Streitwert für den gesamten Rechtsstreit wird festgesetzt auf 15.000 EUR.
5. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegenüber dem Beklagten einen Schmerzensgeldanspruch aus einem Reitunfall geltend.
Im Unfallzeitpunkt unterhielt der Beklagte ein Reitpferd zu seinem privaten Gebrauch. Die Klägerin war mit ihm bekannt und bewegte das Pferd gelegentlich in seiner Abwesenheit. Diese unentgeltliche Tätigkeit erfolgte auf Zuruf und nur dann, wenn die Klägerin Zeit hatte. Vorherige Absprachen hinsichtlich eines längeren Zeitraums oder eine Pflicht zur Betreuung seitens der Klägerin gab es nicht. Am 12.9.2008 führte die Klägerin das Pferd des Beklagten aus, als das Tier plötzlich angaloppierte und die Klägerin stürzte.
Beim Sturz erlitt die Klägerin eine Tibiakopfimpressionsfraktur, deren Heilung sich als langwierig erwies.
Die Klägerin hat behauptet, dass sie durch das Galoppieren des Pferdes gestürzt sei. Die dabei erlittene Verletzung sei nicht vollständig ausgeheilt und sie könne deswegen das Knie nicht beugen. Eine gesundheitliche Verschlechterung in Folge einer Arthrosebildung sei zu erwarten.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens 10.000 EUR, nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.4.2009 zu zahlen. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Reitunfall vom 12.9.2008 zu ersetzen, soweit dieser nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.
den Beklagten weiter zu verurteilen, an die Klägerin zu Händen ihrer Rechtsschutzversicherung A. Rechtsschutzversicherung AG, H., H., Schadens-Nr., Bankverbindung: S. H., BLZ, Kto. Nr., 1.236,17 EUR nebst 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz der EZB seit dem 16.4.2009 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat behauptet, dass das Pferd wegen eines Aufschreis der Klägerin losgaloppiert sei. Er ist der Ansicht gewesen, dass seine Inanspruchnahme schon nach den Vorschriften der §§ 2, 128, 136 SGB VII ausgeschlossen sei, im Übrigen habe sich sein Pferd im Unfallzeitpunkt nicht mehr in seinem Herrschaftsbereich befunden, vielmehr habe die Klägerin selbst wissentlich die Kontrolle über das Tier übernommen, der Anwendungsbereich des § 833 BGB sei also gar nicht eröffnet. Nach persönlicher Anhörung der Klägerin hat das LG mit der angefochtenen Entscheidung der Klage im wesentlich stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld i.H.v. 10.000,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.4.2009 zu zahlen. Außerdem hat es festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus dem Reitunfall vom 12.9.2008 zu ersetzen, soweit dieser nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist. Schließlich hat es den Beklagten verurteilt, an die Klägerin zu Händen ihrer Rechtsschutzversicherung 1.034,11 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.4.2009 zu zahlen. Im Übrigen hat das LG die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass die Klägerin infolge des plötzlichen Angaloppierens des Pferdes gestürzt ist, entsprechende Feststellungen könne es auf die Anhörung der Klägerin stützten. Deshalb hafte der Beklagte als Tierhalter aus § 833 Abs. 1 BGB. Für ein Mitverschulden der Klägerin gebe es keine Anhaltspunkte. Eine Haftungsbefreiung i.S.d. § 104 Abs. 1 SGB VII liege nicht vor, weil die Klägerin keine Tätigkeit ausgeübt habe, die mit einem Beschäftigungsverhältnis vergleichbar wäre.
Schließlich sei an der Kausalität zwischen Sturz und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin nach Vorlage der Arztberichte nicht zweifeln.
Wegen der weiteren Einzelheiten verweist der Senat auf die in erster Instanz gewechselten Schriftsätze der Parteien und auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung.
Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte allein gegen die vom LG geäußerte Ansicht, dass er von der Haftungsprivilegierung d...