Entscheidungsstichwort (Thema)
Notarhaftung im steuersparenden Erwerbermodell
Leitsatz (amtlich)
1. Der das von dritter Seite vorformulierte Angebot eines Erwerbers im steuersparenden Erwerbermodell beurkundende Notar haftet gem. § 17 Abs. 1 BeurkG, wenn er den Erwerber nicht über die Gefahren ungesicherter Vorleistungen belehrt.
2. Der Belehrungspflicht steht nicht entgegen, dass der beurkundende Notar die Urkunde nicht selbst entworfen hat.
3. Stammt der Entwurf der Urkunde - für den Notar ersichtlich - nur von einer Vertragspartei und enthält er einseitig begünstigende Vertragsbedingungen, spricht dies für eine Pflicht des Notars zu intensiver Belehrung.
4. Ein Mitverschulden des Erwerbers scheidet aus, wenn dieser aufgrund der unterbliebenen Belehrung über ungesicherte Vorleistungen die schadensstiftende Zahlung vornimmt.
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 16.12.2003; Aktenzeichen 3 O 169/02) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das am 16.12.2003 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Stade wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt vom Beklagten die Zahlung von Schadensersatz wegen behaupteter Verletzung notarieller Belehrungs- und Aufklärungspflichten.
Der Beklagte beurkundete am 19.10.1992 ein Angebot des Klägers auf Abschluss eines Kaufvertrages betreffend den Erwerb von 1/6 einer noch zu erstellenden Eigentumswohnung zum Preis von 50.000 DM. Das Angebot richtete sich an die M-GmbH sowie die A-GmbH.
Die erste Rate hatte der Kläger ausweislich § 2 des Vertrages innerhalb von 14 Tagen nach Annahme des Vertragsangebotes an die A-GmbH zu zahlen. Es heißt in § 2: "Sollten zum Fälligkeitstermin die Voraussetzungen für die Zahlung des Kaufpreises nach den Bestimmungen der Makler- und Bauträgerverordnung noch nicht erfüllt worden seien (Eintragung der vertragsgemäßen Auflassungsvormerkung, Beibringung einer Bürgschaft), so ist der Erwerber berechtigt, den Betrag auf ein Anderkonto des die Annahme des Vertragsangebotes beurkundenden Notars zu leisten." Der Restkaufpreis sollte durch ein Darlehen der M-GmbH beglichen werden. Die Forderung sollte durch die im Grundbuch eingetragenen Grundschulden gesichert werden.
Vor dem Notar N. in H. wurde das Kaufvertragsangebot des Klägers am 20.11.1992 angenommen.
Ende November 1992 zahlte der Kläger auf Aufforderung der A-GmbH 20.000 DM an diese (13.000 DM zzgl. Vermittlungsprovision). Eine Bürgschaftsbeibringung nach der Makler- und Bauträgerverordnung lag zu dieser Zeit nicht vor.
1997 wurde die Zwangsversteigerung beantragt. Die Auflassungsvormerkung des Klägers wurde gelöscht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei vom Beklagten nicht ausreichend belehrt worden. Insbesondere hätte der Beklagte ihn über die Einhaltung der Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung informieren müssen.
Das LG hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen G., der dem Kläger das Vertragsangebot vermittelt hatte. Außerdem hat das LG Sachverständigenbeweis zur Schadenshöhe erhoben.
Das LG hat sodann der Klage ganz überwiegend stattgegeben. Der Beklagte habe die ihm obliegenden Belehrungs- und Hinweispflichten verletzt. Der Beklagte hätte über die Auswirkungen des Geschäftsbesorgungsvertrages, insb. über die Wirkung der erteilten umfassenden Vollmacht informieren müssen. Außerdem hätte er über die Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung, insb. § 3, belehren müssen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten.
Der Beklagte sei zu einer umfassenden Prüfung des Vertragswerks schon deswegen nicht verpflichtet gewesen, weil das Kaufvertragsangebot nicht der Beklagte, sondern der Notar N. in H. entworfen habe.
Der Beklagte habe dem Kläger auch eine umfassende Belehrung angeboten. Dieser habe darauf aber verzichtet. Über die Zahlungsvoraussetzungen in § 2 des Kaufvertragsangebotes habe der Beklagte den Kläger nochmals zusätzlich aufgeklärt. Der Beklagte habe nicht dafür einzutreten, dass der Kläger auf bloße Aufforderung der M-GmbH geleistet habe.
Jedenfalls treffe den Kläger ein erhebliches Mitverschulden, da er weder die Dienste des Notars N. in Anspruch genommen, noch, obgleich dies im Kaufvertragsangebot entsprechend geregelt gewesen sei, nach der Eintragung einer Auflassungsvormerkung und der Stellung einer entsprechenden Bürgschaft gefragt habe, sondern ungesicherte Leistungen erbracht habe.
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil teilweise zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, das angefochtene Urteil sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Der Beklagte hat seine Pflichten verletzt und haftet dem Kläg...