Entscheidungsstichwort (Thema)

Abtretung von Ansprüchen gegen den Versicherer des Unfallgegners an Sachverständigen i.H.d. Gutachterkosten unter Übersendung des Gutachtens bei Geltendmachung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Kfz-Sachverständiger verstößt nicht allein dadurch gegen das Rechtsberatungsgesetz, dass er sich von seinem Auftraggeber dessen Ansprüche gegen den Versicherer des Unfallgegners bis zur Höhe seiner Gutachterkosten abtreten lässt und diese – unter Übersendung des Gutachtens – direkt von dem Versicherer einzieht.

 

Normenkette

UWG § 1; RechtsberatungsG §§ 1, 5

 

Verfahrensgang

LG Stade (Aktenzeichen 8 O 56/00)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 5.1.2001 verkündete Urteil des LG Stade – 8 O 56/00 – geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert und Beschwer: 50.000 DM.

 

Tatbestand

Der Beklagte erstellt als Kraftfahrzeugsachverständiger Gutachten über Unfallschäden und lässt sich dann von seinen Auftraggebern deren Schadensersatzansprüche gegen den Versicherer i.H.d. Gutachtenkosten einschließlich Mehrwertsteuer abtreten. Diese macht er sodann im eigenen Namen gegenüber dem Versicherer geltend, ohne zuvor seinen Auftraggeber in Anspruch zu nehmen. Die Abtretung erfolgt mit Formularen wie Bl. 14 d.A.

Unter Bezugnahme u.a. auf das Urteil des LG Hamburg vom 3.11.2000 (Bl. 68 f. d.A.). Der Kläger hält bereits das verwendete Formular, insbesondere aber die abweichende tatsächliche Handhabung durch den Beklagten für einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, mit gegnerischen Haftpflichtversicherern seiner Auftraggeber in der Weise in Kontakt zu treten, dass diesen aus den Besichtigungsaufträgen gewonnene Schadeninformationen übermittelt und das Inkasso der eigenen Gutachtergebühren betrieben wird.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sein Verhalten verstoße nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz, sondern erfolge in seinem, des Beklagten eigenen Interesse. Er berate nicht und betreibe nicht Schadensregulierung noch sonst wie die Vertretung der Interessen seiner Auftraggeber.

Das LG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt.

Dagegen wendet sich die Berufung des Beklagten, der das Urteil aus Rechtsgründen für falsch hält.

Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

A. Die zulässige Berufung des Beklagten hatte Erfolg.

Ein Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG wegen Gesetzesverstoßes besteht nicht. Denn der Beklagte verstößt nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz.

I. Die Abtretungserklärung der Auftraggeber des Beklagten zu dessen Gunsten, hinsichtlich deren Ersatzansprüchen gegen Versicherungen ihrer Unfallgegner bis zur Höhe der Ansprüche des Sachverständigen aus dem Werkvertrag über die Erstellung eines Gutachtens über den Unfallschaden gegenüber seinen Auftraggebern ist, wie der Beklagte eingeräumt hat, keine Abtretung sicherungshalber.

Zwar verwendet der Beklagte ein Formular, auf dem ausgeführt ist, dass die Abtretung eine „Sicherungsabtretung” sei. Nach dem Formular soll der Beklagte erst berechtigt sein, diese Abtretung den Anspruchsgegnern offen zu legen und die sicherungshalber abgetretenen Ansprüche gegenüber den Anspruchsgegnern in eigenem Namen geltend zu machen, wenn und soweit des Beklagten Auftraggeber das Sachverständigenhonorar zum Zeitpunkt der Fälligkeit nicht zahlt. Dies entspricht jedoch nicht dem tatsächlichen Willen der Abtretungsbeteiligten und nicht der tatsächlichen Handhabung durch den Beklagten. Der Beklagte wendet sich vielmehr an den betroffenen Versicherer und nimmt zuvor seinen Auftraggeber nicht in Anspruch. Eine solche Abtretung ist entgegen ihrer Bezeichnung keine Sicherungsabtretung. Denn sie dient nicht der Besicherung von vertraglichen Ansprüchen des Beklagten gegen seine Auftraggeber sondern, soweit werthaltig, deren Erfüllung.

II. Gleichwohl ist nicht jede Abtretung, die die Notwendigkeit mit sich bringt, die abgetretenen Rechte gegenüber dem früheren Schuldner des Abtretenden zu verfolgen, eine erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung.

Für die Einstufung als erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung kann in Anbetracht der Tatsache, dass nahezu alle Lebensbereiche rechtlich durchdrungen sind und kaum eine wirtschaftliche Betätigung ohne rechtsgeschäftliches Handeln möglich ist oder ohne rechtliche Wirkung bleibt, nicht allein auf die rechtlichen Formen und Auswirkungen des Verhaltens abgetreten werden (so: BVerfG BVerfGE 97, 12 [27f]). Es bedarf vielmehr einer abwägenden Beurteilung des jeweils beanstandeten Verhaltens danach, ob es sich hierbei um Rechtsbesorgung handelt oder ob es um eine Tätigkeit geht, welche von anderen Dienstleistern erfüllt werden kann, ohne dass die Qualität der Dienstleistung oder die Funktionsfäh...

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