Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn die Veranstaltung einer Messe als Anlass einer Hotelbuchung aus einem Hotelbeherbergungsvertrag ersichtlich ist, hat dies regelmäßig nicht zur Folge, dass die Durchführung der Messe derart Vertragsinhalt wird, dass der Hotelbetreiber seine vertraglichen Pflichten nur unter der Voraussetzung einer tatsächlichen Durchführung der Messe erfüllen kann.
2. Ob dem Hotelbetreiber die Beherbergungsleistung aus rechtlichen Gründen unmöglich wird, weil nach den im vereinbarten Beherbergungszeitraum geltenden Bestimmungen der Nds. Corona-VO Übernachtungsdienstleistungen zu touristischen Zwecken untersagt und nur zu notwendigen Zwecken gestattet waren, ist an dem ursprünglich vereinbarten Zweck der Buchung zu orientieren, nicht hingegen daran, welchem - anderen - Zweck die Übernachtung nach Absage der Messe tatsächlich hätte dienen können.
3. Vereinbaren die Parteien eines Beherbergungsvertrags nach pandemiebedingter Absage einer Messe einen neuen Buchungszeitraum für den verlegten Messetermin, so trägt in der Regel der Mieter das Risiko einer erneuten Absage der Messe.
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Urteil vom 30.11.2022; Aktenzeichen 6 O 51/22) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.11.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Hildesheim (6 O 51/22) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Streitwert für das Berufungsverfahren: 6.197,50 EUR.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von den Beklagten Rückerstattung einer hälftigen Anzahlung für eine Hotelbuchung anlässlich einer Messe. Die ursprüngliche Buchung der Klägerin für die Messe "E." betraf den Zeitraum 17. bis 20. November 2020. Da die Messe wegen der Corona-Pandemie auf den Zeitraum 9. bis 12. Februar 2021 verschoben wurde, vereinbarten die Parteien im Juli 2020 die Umbuchung der Zimmer auf den neuen Zeitraum, verbunden mit der Pflicht der Klägerin, vorab 50 % des Gesamtrechnungsbetrages an die Beklagte zu 3) zu überweisen. Dem kam die Klägerin durch Zahlung in Höhe der jetzigen Klageforderung am 19. August 2020 nach. Letztlich wurde die Messe auch im Februar 2021 nicht in Präsenz, sondern lediglich digital durchgeführt, sodass die Klägerin die gebuchten Zimmer nicht nutzte. Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 9. November 2022 die über die Klageforderung ergangenen Vollstreckungsbescheide aufgehoben und die Klage abgewiesen. Ein Rückzahlungsanspruch für die Anzahlung der Klägerin bestehe weder infolge Kündigung des Beherbergungsvertrags noch wegen Unmöglichkeit der Beherbergungsleistung infolge der Absage der Messe oder wegen eines bestehenden Beherbergungsverbots nach den zum Zeitpunkt der (verlegten) Messe im Februar 2021 geltenden Bestimmungen der niedersächsischen Corona-VO. Ein Anspruch ergebe sich schließlich nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, weil die Umbuchung zu einem Zeitpunkt vorgenommen worden sei, zu dem die staatlichen Pandemiemaßnahmen bereits absehbar waren. Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlich vorgetragenen Rechtsansichten vertieft. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei der Beklagten nach den Vorgaben von § 10 Abs. 2 Nds. Corona-VO die Beherbergungsleistung rechtlich unmöglich geworden, weil Übernachtungen nur zu notwendigen Zwecken gestattet gewesen seien und die Teilnahme an einer digital veranstalteten Messe von einem Hotelzimmer aus evident nicht notwendig sei. Zudem sei die Veranstaltung der Messe "E." als Präsenzveranstaltung Geschäftsgrundlage auch für die Beherbergung im Februar 2021 gewesen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Hildesheim die Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Coburg vom 3. März 2022, Geschäftsnummer 22-7103596-3-9, 22-7103596-1-3 und 22-7103596-2-1 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil als richtig.
II. Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückerstattung der Anzahlung für die Hotelbuchung in Höhe von 6.197,50 EUR zu, weder gegen die Beklagte zu 3) als ihre Vertragspartnerin, noch gegen die Beklagten zu 1) und 2) als deren Gesellschafter.
1. Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus §§ 326 Abs. 1, Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB. Der Beklagten zu 3) ist die Beherbergungsleistung nicht aus Rechtsgründen unmöglich geworden.
a. Zutreffend hat das Landgericht entschieden, dass allein die Absage der Messe "E." als Präsenzveranstaltung nicht...