Leitsatz (amtlich)

1. Die Anpassung der Wertschätzung an die konkrete Marktsituation gehört zur Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken.

2. Zur Einschätzung dieses Korrekturfaktors der festgestellten Substanzwerte sind als Kriterien die Objektart, die Region, der Bodenwert und die Objektgröße sowie die Kaufpreise vergleichbarer Objekte sachgerecht.

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 29.01.2002; Aktenzeichen 7 O 209/00)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29.1.2002 verkündete Urteil des LG Verden - 7 O 209/00 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuvor leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beklagte erwarb vom Schuldner der Klägerin am 7.2.2000 ein Hausgrundstück unter Übernahme der darauf in Abt. III lastenden Grundschulden, die an diesem Tage mit 399.728 DM, also 204.377,68 EUR valutierten. Die Klägerin hielt den Erwerb für anfechtbar; das Grundstück sei durchaus mehr wert als die Valuten der übernommenen Grundschulden.

Das LG hat die Beklagte zur Duldung der Zwangsvollstreckung der Klägerin in dieses Grundstück verurteilt. Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die wiederum geltend macht, der Verkehrswert sei niedriger als die Valuten der übernommenen Grundschulden.

Der Senat hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 3.3.2005 über den Wert des Grundstücks am 7.2.2000 und 30.6.2005. Darüber verhalten sich die Gutachten des Sachverständigen Rohde vom 15.9.2005 und 26.9.2005.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat deshalb Erfolg, weil der Klägerin der mit dem angefochtenen Urteil zuerkannte Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das vom Schuldner der Beklagten übertragene Grundstück gem. § 11 Anfechtungsgesetz nicht zusteht. Entgegen den Feststellungen des LG war das übertragene Grundstück wertausschöpfend belastet, sodass es für die Gläubiger des Schuldners keinen Wert hat. Es fehlt mithin an der objektiven Gläubigerbenachteiligung. Den Gläubigern ist kein ansonsten der Vollstreckung unterliegender Gegenstand entzogen worden.

Zwar hat der vom LG bestellte sachverständige Dipl.-Ing. M. den Verkehrswert des Grundstücks mit 510.000 DM bewertet. Dagegen hatte der Sachverständige E., der im Zwangsvollstreckungsverfahren zu - 11 K 48/01 vom AG Walsrode zur Feststellung des Verkehrswerts bestellt war, diesen mit nur 399.000 DM ermittelt. Inzwischen fand das Zwangsversteigerungsverfahren zu - 11 K 48/01 des AG Walsrode statt, in dem das Grundstück auf ein Gebot von 164.500 EUR mit Beschluss vom 15.5.2002 der Beklagten zugeschlagen wurde. Angesichts dieses geringen Ergebnisses sah sich der Senat veranlasst, durch Beschluss vom 3.3.2005 den Sachverständigen R. zu beauftragen, der in seinen Gutachten vom 15.9.2005 und 26.9.2005 den Verkehrswert für den 7.2.2000 mit 381.000 DM und für den 30.6.2005 mit 173.000 EUR, das sind 338.358,59 DM beziffert hat. Der Sachverständige hat dabei den Sachwert um einen Marktanpassungsfaktor verringert, den er auf S. 34 und 41 seines Gutachtens vom 15.9.2005 für den Zeitwert am 7.2.2000 und auf S. 19 seines Gutachtens vom 26.9.2005 für den Zeitwert am 30.6.2005 hergeleitet hat. Entsprechend dem Urteil des BGH vom 12.1.2001 (- V ZR 420/099 - NJW-RR 2001, 732) gehört die Anpassung der Wertschätzung an die konkrete Marktsituation zur Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken. Die vom Sachverständigen zur Einschätzung dieses Korrekturfaktors der festgestellten Substanzwerte verwendeten Kriterien, nämlich die Objektart, die Region, der Bodenwert und die Objektgröße sowie die Kaufpreise vergleichbarer Objekte sind sachgerecht. Auch die Quellen des Marktanpassungsfaktors sind nicht zu beanstanden. Dies sind die Angaben des örtlichen Gutachterausschusses und die in der Lose-Blatt-Sammlung Sprengnetter, Hans-Otto (vgl. Gutachten vom 15.9.2005, S. 76) veröffentlichten Werte sowie eigene sachverständige Erfahrung. Das vom Sachverständigen so gewonnene Ergebnis eines Abschlages i.H.v. 33 % ist damit plausibel hergeleitet, die Schätzung Produkt der Sachkunde des Sachverständigen, die einzubringen seine Aufgabe war.

Dieselben Überlegungen gelten für den Marktanpassungsfaktor, der auf S. 19 des Gutachtens vom 26.9.2005 für den Zeitwert am 30.6.2005 hergeleitet wurde. Der Sachverständige hat dort ausgeführt, dass zum 30.6.2005 die Kaufpreise weiter nachgelassen hätten. Die daraus folgende Modifizierung des Marktanpassungsfaktors auf einen Abschlag von 44 % ist daraus plausibel und nachvollziehbar dargelegt. Auch die Differenz der Marktanpassungsfaktoren 2000 und 2005 ist, a.a.O., mit dem weiteren, vom Sachverständigen aus geeigneten Quellen festgestellten Preisver...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge