Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer auf Duldung der Zwangsvollsteckung gerichteten Klage nach dem AnfG ist der ausschließliche dingliche Gerichtsstand nicht gegeben.
2. Die Übertragung eines belasteten Grundstücks hat bei Anfechtungen nach dem AnfG nur dann eine Gläubigerbenachteiligung zur Folge, wenn der in der Zwangsvollstreckung erzielbare Wert des Grundstücks die vorrangigen Belastungen und die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens übersteigt. Bei der Ermittlung des erzielbaren Werts kommt es darauf an, welchen Erlös der die Zwangsversteigerung betreibende Gläubiger im günstigen, aber realistischen Fall hätte erzielen können. Der ggf. vorzunehmende Abschlag auf den Verkehrswert ist daher regelmäßig nicht entsprechend dem Durchschnittsergebnis der Versteigerungsverfahren vorzunehmen.
Normenkette
ZPO § 24; AnfG §§ 1, 3
Verfahrensgang
LG Stade (Urteil vom 16.02.2007; Aktenzeichen 2 O 508/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Stade vom 16.2.2007 geändert.
Der Beklagte wird verurteilt, wegen der vollstreckbaren Forderungen der Klägerin i.H.v. bei Klageeinreichung insgesamt 13.732,15 EUR aus den Urteilen des LG Stade vom 4.7.2006 (Az 3 O 38/06) und vom 5.10.2006 (Az 3 O 98/06), aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Stade vom 17.8.2006 (AZ 3 O 38/06) und aus dem Anerkenntnisurteil des AG Zeven vom 25./26.7.2006 (Az 3 C 93/06) die Zwangsvollstreckung in die Grundstücke H. Erbbaugrundbuch von G., Blatt ... ' Flur ... ' Flurstück ... und Erbbaugrundbuch von G., Blatt ... ' Flur ... ' Flurstück ... zu dulden.
Die weitergehende Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Die einstweilige Verfügung des AG Goslar vom 20.11.2006 (AZ 28 C 126/06) in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 21.11.2006 wird aufgehoben, soweit sie die Grundstücke A., Grundbuch von O., Blatt ... ' Flur ... ' Flurstück ... und H., Grundbuch von G., Blatt ... ' Flur ... ' Flurstück ... betrifft.
Der weitergehende Aufhebungsantrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Aufhebungsverfahrens und - unter Abänderung der Verfügungsentscheidung im Senatsurteil vom 24.5.2007 (AZ 13 U 63/07) - des Verfügungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 16.000 EUR und für das Aufhebungsverfahren auf bis zu 1.200 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Die Klägerin erlangte in der Zeit vom 4.7. bis zum 5.10.2006 mehrere gegen die Ehefrau des Beklagten gerichtete vollstreckbare Schuldtitel. Vollstreckungsversuche hatten keinen Erfolg.
Bereits mit notariellem Kaufvertrag vom 23.12.2005 hatte die Schuldnerin dem Beklagten das Eigentum an einem mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstück sowie Erbbaurechte an drei weiteren Grundstücken (zahntechnisches Labor, Garagen, Weg) zu einem Preis von insgesamt 240.000 EUR übertragen. Der Beklagte übernahm in Anrechnung auf den Kaufpreis Darlehensverpflichtungen der Verkäuferin ggü. der Sparkasse R.-B. in Z. i.H.v. insgesamt 240.000 EUR. Die Ansprüche der Sparkasse waren durch Grundschulden gesichert, mit denen zwei der Grundstücke belastet waren.
Die Klägerin hat mit der Klage geltend gemacht, die Grundstücksübertragung stelle eine nach § 3 Abs. 1, Abs. 2 AnfG anfechtbare Rechtshandlung dar. Sie hat die Duldung der Zwangsvollstreckung in das mit dem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück beantragt.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Es hat seine örtliche Zuständigkeit mit der Begründung verneint, ausschließlich zuständig sei gemäß § 24 ZPO das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück belegen sei.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Antrag weiter. Sie hat die Klage im Hinblick auf die drei weiteren übertragenen Grundstücke erweitert. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Außerdem macht er die Aufhebung des gegen ihn im Verfügungsverfahren erlassenen Verbots geltend, über die Grundstücke zu verfügen.
B. Die Berufung ist teilweise begründet.
Die Klage ist zulässig, insbesondere hat die Klägerin mit dem LG Stade das örtlich zuständige Gericht angerufen. In der Sache hat die Klage nur teilweise Erfolg. Die Klägerin kann gem. §§ 3 Abs. 2, 11 Abs. 1 AnfG Duldung der Zwangsvollstreckung in das Garagengrundstück und das Wegegrundstück verlangen. Die weitergehende Klage ist unbegründet, weil wegen der wertausschöpfenden Belastung des Mehrfamilienhaus-Grundstücks und des mit einem zahntechnischen Labor bebauten Grundstücks eine objektive Gläubigerbenachteiligung nicht festgestellt werden kann.
I. Das LG hat seine örtliche Zuständigkeit zu Unrecht verneint.
Es kann offen bleiben, ob der Beklagte bei Erhebung der Klage seinen Wohnsitz noch im Bezirk des LG Stade hatte, so dass das LG nach §§ 12, 13 ZPO örtlich zuständig gewesen ist.
Die örtliche Zuständigkeit des LG Stade ist jedenfalls ...