Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkte Erbenhaftung
Leitsatz (redaktionell)
Der Einwand der beschränkten Erbenhaftung wird durch vorbehaltlose Verurteilung im Vorprozess nicht ausgeschlossen.
Normenkette
ZPO i.V.m. § 781; BGB § 1990
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 12.03.1986; Aktenzeichen 2 O 435/85) |
LG Lüneburg (Beschluss vom 08.10.1985; Aktenzeichen 2 O 300/84) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 12. März 1986 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg teilweise abgeändert:
Die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Lüneburg vom 8. Oktober 1985 – 2 O 300/84 – wird für unzulässig erklärt.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Berufung der Kläger hat Erfolg; das Landgericht hätte die Klage nicht zum überwiegenden Teil abweisen dürfen.
Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus dem gegen sie als Erben der im Rechtsstreit 2 O 300/84 des Landgerichts Lüneburg unterlegenen Frau … ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluß gemäß §§ 767, 785, 781 ZPO, weil der Nachlaß erschöpft ist (§ 1990 BGB).
I.
Die Klage ist zulässig, auch wenn die Beklagte mit der Vollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß noch nicht begonnen hat. Es kann hier offen bleiben, ob ein solcher Beginn Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage nach § 781 ZPO ist (dazu BGH WPM 1972, 363; Stein-Jonas, 20. Auflage, § 785, Rdz. 4; Baumbach-Lauterbach, 45. Auflage, § 781, Anm. 2), weil die Beklagte hier nur deshalb nicht vollstreckt, um vereinbarungsgemäß das Ergebnis dieser Vollstreckungsabwehrklage abzuwarten. In diesem Falle würde es Treu und Glauben widersprechen, wenn die Kläger auf den fehlenden Beginn der Zwangsvollstreckung verwiesen werden würden.
Entscheidungsgründe
II.
1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Einwand der beschränkten Erbenhaftung durch die vorbehaltlose Verurteilung (der Erblasserin) im Vorprozeß nicht ausgeschlossen.
a) Schon nach dem Wortlaut ist § 780 ZPO bezüglich des im Vorprozeß ergangenen Urteils nicht anwendbar: Danach muß der Beklagte „als Erbe” verurteilt worden sein. Hier ist jedoch das Urteil noch gegen die Erblasserin ergangen, weil diese erst nach dem letzten Termin zur mündlichen Verhandlung, aber vor Verkündung des Urteils verstorben ist und eine Aussetzung nicht beantragt wurde.
Die Meinung des Landgerichts, wonach die Erben zunächst die Aussetzung hätten herbeiführen müssen, um den Vorbehalt zu erreichen, beachtet schon nicht, daß zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal die Erben feststanden. So war die Ausschlagungsfrist bei Verkündung des Urteils noch nicht abgelaufen; auch hätte die Erblasserin die Erbfolge durch Testament anderweitig festgelegt haben können.
Weiterhin mußten die Erben vor Verkündung des Urteils nicht unbedingt Kenntnis von dem Stand des Prozesses haben, was das Landgericht ohne weiteres annimmt. In diesem Falle wäre eine entsprechende Weisung an die Prozeßbevollmächtigte der Erblasserin gar nicht möglich gewesen.
b) Etwas anderes kann sich auch nicht daraus ergeben, daß der Kostenfestsetzungsbeschluß schon gegen die Erben, ergangen ist.
Der Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung kann im Kostenfestsetzungsbeschluß nur ausgesprochen werden, wenn dieses auch im Urteil geschehen ist (OLG Hamm, Anwaltsblatt 1982, 385; OLG Stuttgart JurBüro 1976, 675; KG in MDR 1976, 584), weil das Kostenfestsetzungsverfahren zur Überprüfung anderer als kostenrechtlicher Fragen nicht geeignet ist.
c) Somit können die Kläger ihre Haftung noch auf den Nachlaß beschränken.
Unstreitig liegen die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Erbenhaftung nicht vor, die Geltendmachung der Unzulänglichkeit des Nachlasses ist auch nicht fristgebunden (vgl. OLG Celle, Nds. Rpfl. 1962, 233), so daß die Kläger die Beschränkung der Erbenhaftung gemäß § 781 ZPO i.V.m. § 1990 BGB noch einwenden können. Deshalb wäre jedenfalls dem jetzigen Hilfsantrag, (den die Kläger in der ersten Instanz allein verfolgt haben), die Zwangsvollstreckung in das Eigenvermögen der Kläger für unzulässig zu erklären, stattzugeben.
2. Jedoch hat darüber hinaus der jetzige Hauptantrag, die Zwangsvollstreckung (insgesamt) für unzulässig zu erklären, Erfolg.
Gemäß § 542 Abs. II ZPO gilt es als zugestanden, daß der Nachlaß erschöpft ist, d. h. daß eine Vollstreckung in diesen also nicht mehr möglich ist.
Hat der Erbe den Prozeß gegen den im Laufe des Rechtsstreits verstorbenen Erblasser aufgenommen, so kann er dort den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung und auch schon die Einrede der Erschöpfung des Nachlasses erheben. In diesem Falle kann das Gericht auch sachlich über diese Einrede entscheiden, d. h. die Frage des Haftungsumfanges aufklären und gegebenenfalls die Klage insgesamt abweisen (BGH LM § 1975 BGB Nr. 1; BGH NJW 1964, 2298, 2300 und NJW 1983, 2378, 2379).
Dieses muß erst recht für die Vollstreckungsabwehrklage der Erben nach §§ 767, 785, 781 ZPO gelten. Is...