Entscheidungsstichwort (Thema)
Irreführung durch Kontoauszüge
Leitsatz (amtlich)
Ein Kontoauszug, der ohne jeden weiteren Hinweis als "neuen Kontostand" einen Betrag ausweist, in dem zwar bereits gebuchte, aber noch nicht wertgestellte Zahlungseingänge enthalten sind, ist irreführend; denn er lässt nicht erkennen, dass der Kunde über den noch nicht wertgestellten Zahlungseingang nicht zinsfrei verfügen kann.
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 22.12.2003; Aktenzeichen 18 O 251/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 22.12.2003 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Hannover wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung von 10 % übersteigt.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger ist der Dachverband der 16 Verbraucherzentralen und weiterer verbraucherorientierter Organisationen in Deutschland. Er verlangt von der Beklagten die Unterlassung der Verwendung von - seiner Auffassung nach - irreführenden Kontoauszugsvordrucken, die auf der Vorderseite links die Spalten "Buchungstag" und "Tag der Wertstellung" enthalten und in denen rechts unten in einem optisch hervorgehobenen Feld der "neue Kontostand" wiedergegeben wird. Der in jenem Feld ausgewiesene Betrag enthält auch solche Gutschriften, die im Zeitpunkt des Kontoausdrucks zwar gebucht, aber noch nicht wertgestellt sind.
Der Kläger hält die verwendeten Formulare für irreführend, da den Kunden der Beklagten Guthaben mitgeteilt würden, über die sie im Zeitpunkt des Kontoausdrucks ggf. nicht zinsfrei verfügen könnten. Die Differenzierung zwischen Buchungs- und Wertstellungstag sei nicht ausreichend, um eine Irreführung zu verhindern.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, in dem die von der Beklagten verwendeten Kontoauszugsvordrucke abgedruckt sind, verwiesen.
Das LG hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Gestaltung der Kontoauszüge mache die Diskrepanz zwischen dem Kontoguthaben und dem zinsfrei verfügbaren Betrag nicht hinreichend deutlich.
Mit ihrer Berufung erstrebt die Beklagte die Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung und die Abweisung der Klage. Sie vertritt die Auffassung, sie erfülle mit dem Kontoauszug in der vorliegenden Form in plausibler und nicht zu beanstandender Weise ihre Auskunftspflicht ggü. ihren Kunden. Durch die Wiedergabe von Wertstellungsdatum und Buchungstag werde klar und eindeutig auf die spätere Wertstellung hingewiesen; die im Kontoauszug enthaltenen Angaben seien klar und eindeutig und versetzten den Kunden in die Lage, den Betrag, über den er jeweils zinsfrei verfügen könne, zu ermitteln. Vorsorglich weist die Beklagte darauf hin, dass die - bei richtigen Angaben notwendigerweise erhöhte - Quote irregeführter Kunden jedenfalls ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht festzustellen sei. Schließlich handele sie nicht in Wettbewerbsabsicht: Die von ihr verwendete Form der Kontoauszüge entspreche derjenigen anderer konkurrierender Bankunternehmen.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
B. Die Berufung der Beklagten ist zulässig; sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
I. Der Kläger ist, wie in der Berufungsinstanz von der Beklagten nicht mehr in Zweifel gezogen wird, gem. § 13 Abs. 2 Nr. 3 UWG klagebefugt. Der Kläger ist in die Liste der klagebefugten qualifizierten Einrichtungen gem. § 4 UklaG entsprechend der Bescheinigung vom 16.7.2002 eingetragen und aus dieser auch nicht gelöscht.
II. Zu Recht beanstandet der Kläger die Gestaltung der Kontoauszüge, wie sie von der Beklagten verwendet werden.
1. Gemäß § 3 UWG kann derjenige, der im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über geschäftliche Verhältnisse irreführende Angaben macht, auf Unterlassung dieser Angaben in Anspruch genommen werden, wobei eine Angabe auch dann irreführend sein kann, wenn sie objektiv richtig ist. Dies ist dann der Fall, wenn ein nicht völlig unerheblicher Teil der erworbenen Verkehrskreise mit einer objektiv richtigen Angabe eine unrichtige Vorstellung verbindet (grundlegend BGHZ 13, 244 [253]; vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, UWG, 22. Aufl., § 3 Rz. 25, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben: die von der Beklagten verwendeten Kontoauszüge sind irreführend.
2. Die Angaben auf den von der Beklagten verwendeten Kontoauszüge sind, was die Beklagte hervorhebt und auch zutrifft, allerdings objektiv richtig. Durch die differenzierte Darstellung von Buchungs- und Wertstellungstag wird der Zeitpunkt angegeben, ab dem über den jeweils gutzuschreibenden Betrag zinsfrei verf...