Leitsatz (amtlich)
1. Die Bareinlageverpflichtung des Gesellschafters einer GmbH kann dieser nicht durch Verrechnung mit Ansprüchen auf Rückzahlung von zuvor an die Gesellschaft darlehenshalber geleisteten Beträgen erbringen. Eine solche als Aufrechnung gegen den Anspruch der Gesellschaft auf Leistung einer Bareinlage zu qualifizierende Verrechnung seitens des Gesellschafters ist nach § 19 Abs. 2 S. 2 GmbHG unzulässig.
2. Eine Aufrechnung der Gesellschaft mit dem Anspruch auf die Stammeinlage gegen Darlehensansprüche des Gesellschafters ist grundsätzlich zulässig, wenn sie ggü. einer vollwertigen, fälligen und liquiden Gegenforderung des Gesellschafters erklärt wird. Dies gilt allerdings nicht für die Aufrechnung ggü. Ansprüchen des Gesellschafters, die zum Zeitpunkt der Begründung der Einlageschuld bereits bestanden ("Altansprüche"), da es sich dann faktisch um eine Sacheinlage handelt, § 19 Abs. 5 GmbHG.
3. Die Erfüllung der Einlagepflicht durch eine Vorleistung auf eine zukünftige Kapitalerhöhung ist möglich, sofern das Geld bei der Anmeldung der Kapitalerhöhung der Gesellschaft noch unversehrt zur Verfügung steht, etwa auf einem Sonderkonto der Gesellschaft. Die Zahlung muss in diesem Fall aber mit einer bestimmten Zweckbestimmung geleistet sein.
4. Sofern die Bareinlage vor der Kapitalerhöhung geleistet wurde und zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vorhanden ist, kann eine die Einlageverpflichtung erfüllende Leistung nur angenommen werden, wenn der Gesellschafter die Leistung aufgrund einer besonderen Zweckvereinbarung erbringt, aus der sich die Beziehung der Zahlung auf eine künftige Einlageverpflichtung zweifelsfrei ergibt, die Zahlung zudem in engem zeitlichen Zusammenhang mit der nachfolgenden Kapitalerhöhung besteht, die Voreinzahlung in der Krise der Gesellschaft erfolgt und als solche im Kapitalerhöhungsbeschluss, in der Anmeldeversicherung und in der Registereintragung offen gelegt wird.
Normenkette
GmbHG §§ 19, 56
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 06.04.2005; Aktenzeichen 11 O 352/04) |
Tenor
Die Berufungen der Beklagten gegen das am 6.4.2005 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Hannover werden zurückgewiesen.
Von den Kosten der Berufungsverfahren tragen die Beklagten zu 1) und 2) jeweils 20 %, der Beklagte zu 3) 11 %, der Beklagte zu 4) 8 %, die Beklagte zu 5 12 %, der Beklagte zu 6) 9 %, die Beklagte zu 7) 9 % und die Beklagte zu 8) 11 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufungen sind unbegründet, zu Recht hat das LG die Beklagten zur Leistung der Stammeinlagen aus den drei Kapitalerhöhungsbeschlüssen verurteilt.
1. Durch nachträgliche Bareinzahlungen sind die Stammeinlageverpflichtungen der Beklagten nicht erloschen. Lediglich die Beklagte zu 7) hat ausweislich der von ihr überreichten Kontoauszüge Zahlungen im August 2001 und im Oktober 2001 - jeweils in einer Höhe von 20.000 DM - geleistet. Da die dritte Kapitalerhöhung am 8.11.2001 erfolgte und die Beklagte zu 7) an der zweiten Kapitalerhöhung vom 3.7.2001 nicht beteiligt war, käme von vornherein nur in Betracht, die Zahlungen auf die erste Kapitalerhöhung vom 25.4.2001 zu beziehen. Insofern fehlt es jedoch an der erforderlichen Tilgungsbestimmung. Diese ist auch nicht entbehrlich, da sich der Betrag der Einzahlung nicht mit der von der Beklagten zu 7) übernommenen Stammeinlage (2.500 DM) deckt. Die Zahlung vom 15.8.2001 ist jedoch mit keiner Zweckbestimmung verbunden worden, die Zahlung vom 5.10.2001 weist in lediglich allgemeiner Formulierung "Finanzierung 10/01" aus, was eher für eine laufende Unterstützung der Gesellschaft spricht, nicht aber für die Leistung auf die bereits sechs Monate zuvor übernommene Stammeinlageverpflichtung.
2. Die Einlageverpflichtungen der Beklagten sind nicht dadurch erloschen, dass eine Verrechnung der Verpflichtungen auf Leistung von Stammkapital mit Ansprüchen der Gesellschafter auf Rückzahlung von zuvor an die Gesellschaft geleisteten Beträgen erfolgt ist. Eine solche Verrechnung durch den Verzicht auf Darlehensansprüche der Gesellschafter wäre als Aufrechnungserklärung zu qualifizieren; Aufrechnungen seitens des Gesellschafters - gegen den Anspruch der Gesellschaft auf Leistung einer Bareinlage - sind indes ausnahmslos unzulässig, § 19 Abs. 2 S. 2 GmbHG (Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 16. Aufl., § 19 Rz. 20).
Es ergäbe sich kein anderes Ergebnis, wenn man von einer in den Kapitalerhöhungsbeschlüssen - möglicherweise im Zusammenhang mit anderen Erklärungen - durch die Gesellschaft erklärten Aufrechnung ausgehen wollte. Zwar ist eine solche Aufrechnung möglich, da sie für zulässig gehalten wird, wenn sie ggü. einer vollwertigen, fälligen und liquiden Gegenforderung des Gesellschafters erklärt wird (Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 19 Rz. 22). Allerdings ist die Aufrechnung - ggü. der Verpflichtung zur Leistung einer Bareinlage - mit einer Gegenforderung stets unzulässig, die zum Zeitpunkt der Begründung der Einlageschuld bereits bestand (Lutter/Ho...