Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Berufung des Nebenintervenientin bei Widerspruch der Hauptpartei; Fälschliche Annahme einer streitgenössischen Nebenintervention durch das Erstgericht; Abänderung der Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils; Kostenverteilung bei Zug-um-Zug-Verurteilung; Niederschlagung der Gerichtskosten eines Berufungsverfahrens bei schwerem Verfahrensfehler
Leitsatz (amtlich)
1. Die vom einfachen Nebenintervenienten eingelegte Berufung gegen den Widerspruch der unterstützten Partei ist unzulässig.
2. Ein einfacher Nebenintervenient wird nicht dadurch zum streitgenössischen, dass das Gericht ihn zu Unrecht (fälschlicherweise) im Rahmen der Kostenentscheidung ohne Begründung als solchen behandelt.
3. Die evident fehlerhafte Kostenentscheidung des Landgerichts ist trotz der Unzulässigkeit der Berufung entsprechend § 308 Abs. 2 ZPO abzuändern.
4. Macht der Unternehmer seine Werklohnforderung vorbehaltlos geltend und beantragt der Auftraggeber einschränkungslos Klagabweisung, so sind die Kosten des Rechtsstreits gem. § 92 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. ZPO hälftig zu teilen, wenn der Auftraggeber zur Zahlung lediglich Zug um Zug gegen Mängelbeseitigung verurteilt wird, die Mängelbeseitigungskosten einschließlich des Druckzuschlages die Höhe der Werklohnforderung erreichen und das weitere Unterliegen des Auftraggebers hinsichtlich einer Hilfsaufrechnung lediglich geringfügig ist.
5. Ein schwerer Verfahrensverstoß, der gemäß § 21 GKG eine Niederschlagung der Gerichtskosten rechtfertigt, ist zu bejahen, wenn die Kostenentscheidung des Landgerichts grob falsch und ohne Begründung erfolgt ist und die Nebenintervenientin dadurch zur Einlegung der Berufung gezwungen gewesen ist.
Normenkette
GKG § 21; ZPO §§ 66-69, 92 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, § 308 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 21.01.2022; Aktenzeichen 5 O 279/19) |
Tenor
Die Berufung der Nebenintervenientin gegen das am 21. Januar 2022 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg - Az. 5 O 279/19 - wird als unzulässig verworfen.
Das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 21. Januar 2022 - Az. 5 O 279/19 - wird hinsichtlich der Kostenentscheidung abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
Die Kosten des Rechtstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 46 % und der Beklagte zu 54 %; die Kosten der Nebenintervention trägt der Beklagte zu 54 %, im Übrigen die Nebenintervenientin selbst.
Gemäß § 319 ZPO wird der Tenor des Urteils des Landgerichts Lüneburg vom 21. Januar 2022 - Az. 5 O 279/19 vor der Kostenentscheidung wie folgt ergänzt:
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden niedergeschlagen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten im Berufungsverfahren trägt die Nebenintervenientin. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens selbst.
Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Den Parteien und der Nebenintervenientin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei bzw. die Nebenintervenientin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 28.744,45 EUR festgesetzt, der Streitwert für den Rechtsstreit erster Instanz auf 31.044,45 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin macht mit der vorliegenden Klage eine restliche Werklohnforderung abzüglich eines Betrages von netto 3.500,00 EUR wegen möglicherweise begründeter Mängel in Höhe von insgesamt 28.744,45 EUR geltend. Der Beklagte verweigert die Zahlung wegen behaupteter Mängel.
Die Klägerin errichtete auf Grundlage eines mit dem Beklagten am 23.10.2018 geschlossenen Bauvertrages eine Stahlsatteldachhalle auf Grundlage der VOB/B (Anlage K1 = Bl. 18 ff). Am 05. Juli 2019 erfolgte die Abnahme unter Vorbehalt der in einer Anlage zum Abnahmeprotokoll aufgelisteten Mängel (Anlage K2 = Bl. 31). Die Klägerin behauptete, die Mängel seien teilweise systembedingt und unwesentlich, teilweise stellten sie keine Mängel dar oder seien beseitigt.
Die Nebenintervenientin ist dem Rechtstreit mit Schriftsatz vom 23. September 2020 (Bl. 232 f) auf Seiten der Klägerin, die dieser zuvor den Streit verkündet hatte (Bl. 183), beigetreten.
Im Übrigen wird hinsichtlich der Darstellung des Sachstandes auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens nebst ergänzenden Stellungnahmen den Beklagten zur Zahlung an die Klägerin in der beantragten Höhe verurteilt, Zug um Zug gegen Beseitigung der festgestellten Mängel. Die Kosten des Rechtstreits hat es der Klägerin und der Nebenintervenientin - ohne Begründung - je zur Hälfte auferlegt.
Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass nach den Fes...