Entscheidungsstichwort (Thema)

Kreuzungszusammenstoß

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Abwägung nach § 17 StVG können nur bewiesene Tatsachen berücksichtigt werden, aber nicht bloße Annahmen und Vermutungen.

2. Lässt sich nicht aufklären, wer bei rot auf die Kreuzung gefahren ist, ist eine Schadensteilung (50: 50) gerechtfertigt.

 

Normenkette

StVG § 17

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 29.06.2005; Aktenzeichen 11 O 10/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers und der Drittwiderbeklagten wird das am 29.6.2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 11. Zivilkammer des LG Hannover teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.608,08 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.8.2003 zu zahlen.

Auf die Widerklage werden der Kläger und die Drittwiderbeklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten zu 1) 3.171,16 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.9.2003 zu zahlen.

Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner 33 % und der Kläger darüber hinaus 17 % allein, die Beklagten als Gesamtschuldner 17 % und der Beklagte zu 1) darüber hinaus 33 % allein.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 17 % und der Beklagte zu 1) darüber hinaus 33 % allein.

Von den außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten zu 2) und 3) trägt der Beklagte zu 1) 50 %.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen der Kläger und die Drittwiderbeklagten zu 2) und 3) als Gesamtschuldner 33 % und der Kläger darüber hinaus 17 % allein.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3) trägt der Kläger 50 %.

Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 34 % und der Beklagte zu 1) darüber hinaus 66 % allein. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten als Gesamtschuldner 34 % und der Beklagte zu 1) darüber hinaus 66 % allein.

Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten zu 2) und 3) trägt der Beklagte zu 1.

Die Beklagten tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 4.774,23 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers und der Drittwiderbeklagten hat Erfolg und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des angefochtenen Urteils.

Sowohl der Kläger als auch der Beklagte zu 1) und Widerkläger (dieser aus abgetretenem Recht der Beklagten zu 3, § 398 BGB) haben gem. §§ 7, 17 Abs. 3 StVG, 1, 3 PflVG wechselseitig Anspruch auf einen hälftigen Ersatz der - der Höhe nach unstreitigen - Schäden, die bei dem Verkehrsunfall vom 9.6.2003 auf der mit Ampeln versehenen Kreuzung der K.-S.-Straße mit der A.-/H. straße in H. an dem Pkw Golf des Klägers und dem Pkw BMW der Beklagten zu 3) entstanden sind. Es lässt sich nämlich nicht feststellen, ob die Tochter des Klägers (= Drittwiderbeklagte zu 2) oder der Beklagte zu 1) bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren ist. Zwar ist das LG zu dem Ergebnis gekommen, dass den Beklagten zu 1) an dem Zustandekommen des Unfalls kein Verschulden treffe; angesichts dessen hat es - gewissermaßen im Umkehrschluss - der Widerklage stattgegeben. Bei dieser Vorgehensweise hat sich die Einzelrichterin jedoch nur auf Annahmen und Vermutungen zu stützen vermocht und unberücksichtigt gelassen, dass in die Abwägung nach § 17 Abs. 3 StVG nur bewiesene Tatsachen eingestellt werden dürfen.

Hier ist das LG insb. angesichts der verhältnismäßig niedrigen Kollisionsgeschwindigkeit des vom Beklagten zu 1) geführten Pkw, die der gerichtliche Sachverständige Dipl.-Ing. M. in seinem Gutachten vom 9.11.2004 mit ca. 10 km/h angegeben hat, davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 1) vor dem Einfahren in den Kreuzungsbereich zunächst vor der Rot zeigenden Ampel angehalten hat und erst wieder angefahren ist, als diese Grün zeigte. Mit der von dem Sachverständigen festgestellten Kollisionsgeschwindigkeit lässt sich aber ebenso vereinbaren, dass der Beklagte zu 1) aus Unaufmerksamkeit, z.B. weil er abgelenkt war, trotz der noch Rot zeigenden Ampel wieder angefahren ist oder dass er die Rotlicht zeigende Lichtzeichenanlage zu spät bemerkt und deshalb mit der Folge zu spät gebremst hat, dass er mit nur noch verhältnismäßig geringer Geschwindigkeit in den Kreuzungsbereich eingefahren ist.

Ginge man mit der Einzelrichterin davon aus, dass der Beklagte zu 1) erst bei Grün angefahren ist, würde dies nach dem vom Kläger vorgelegten Kurzgutachten des Kfz-Sachverständigen Dipl.-Phys. S. vom 12.5.2005 bedeuten, dass die Tochter des Klägers bei einer Ann...

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