Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücktritt, Schadensersatz
Leitsatz (amtlich)
Verlangt der Gläubiger nach Ablauf einer gesetzten Nachfrist zur Erfüllung (§ 281 Abs. 1, § 323 Abs. 1 BGB) weiterhin die Erfüllung der vertraglichen Leistungspflicht, so führt das zum Untergang seiner nach Fristablauf entstandenen Rechte auf Rücktritt und Schadensausgleich. Leistet der Schuldner auf das neue Erfüllungsverlangen nicht, so muss der Gläubiger die tatsächlichen Voraussetzungen für die Begründung eines neuen Schadensersatzanspruchs grundsätzlich durch eine neue fristgebundene Aufforderung zur Leistung schaffen.
Normenkette
BGB § 281 Abs. 1 S. 1, § 323 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Urteil vom 06.10.2004; Aktenzeichen 2 O 619/03) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten zu 2) wird das am 6.10.2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Hildesheim abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten - wegen der Kosten - durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,2-fachen des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, dass die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,2-fachen vom zu vollstreckenden Betrag leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert erster Instanz wird in Abänderung des Beschlusses des LG bis zum 10.5.2004 auf 275.000 EUR und für die Zeit danach auf bis zu 18.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit notariellem Vertrag vom 31.7.2003 verpflichtete sich der Beklagte zu 2) (die Beklagte zu 1)) ist im Vertrag nur im Hinblick auf § 1365 BGB erwähnt), ein Hausgrundstück auf die Klägerin gegen Zahlung von 275.000 EUR zu übertragen.
Die Fälligkeit des Kaufpreises - an sich für Mitte September vereinbart - setzte u.a. die Beibringung der Löschungsunterlagen für die von der Klägerin nicht zu übernehmenden Grundpfandrechte voraus.
Die Beibringung der Löschungsunterlagen der für die Nord/LB eingetragenen Grundschuld verzögerte sich, sodass die Zahlung des Kaufpreises und der Vollzug der Eigentumsumschreibung ausblieben. Sämtliche weiteren tatsächlichen Voraussetzungen für die Fälligkeit des Kaufpreises lagen vor.
Mit Schreiben vom 19.11.2003 setzte die Klägerin eine Frist von 10 Tagen zur Vorlage der Löschungsunterlagen (Bl. 13) mit dem Hinweis, sie werde nach Fristablauf keinen weiteren Tag zögern und sofort Klage auf Durchführung des Kaufvertrages erheben. Ferner kündigte sie Schadensersatzansprüche, insb. wegen der nicht rechtzeitigen Übergabe an (Bl. 14).
Mit am 30.12.2003 zugestellter Klage vom 16.12.2003 hat sie die Beklagten zunächst als Gesamtschuldner auf Verschaffung des Grundeigentums Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises in Anspruch genommen (Bl. 1).
Mit Schreiben vom 6.2.2004 teilte die Nord/LB dem Notar mit, die seit geraumer Zeit erbetene Löschungsbewilligung gehe ihm in den nächsten Tagen zu (Bl. 132).
Einen Tag früher, nämlich am 5.2.2004, erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag, weil die Beklagten die Löschungsunterlagen innerhalb der mit Schreiben vom 19.11.2003 gesetzten Frist nicht beigebracht hatten. Ferner teilte sie mit, sie gehe davon aus, dass der Vertrag nicht mehr durchgeführt werden solle und sei dazu auch nicht bereit (Bl. 27, 28). Daraufhin meldeten sich mit Schreiben vom 19.2.2004 die Prozessbevollmächtigten der Beklagten bei den Bevollmächtigen der Klägerin mit dem Hinweis, nach ihren Informationen lägen die Löschungsunterlagen vor. Der erklärte Rücktritt sei unwirksam, weil die Fristsetzung nicht mit der Ankündigung des Rücktritts verbunden gewesen sei und die Klägerin auch tatsächlich an der Durchführung des Vertrages festgehalten habe (Bl. 87, 88). Nachdem die Beklagten auch mit Schreiben vom 7.5.2004 an dieser Auffassung festhielten (Bl. 90), nimmt die Klägerin den Beklagten zu 2) nunmehr auf Schadensersatz, insb. Erstattung der wegen des Rücktritts nutzlos gewordenen Aufwendungen in Anspruch (Bl. 35). Wegen der Schadensposten wird auf den Schriftsatz vom 10.5.2004 verwiesen (Bl. 35 ff.).
Die Klägerin hat behauptet, die Löschungsunterlagen seien bei dem Notar erst nach Erhalt des Rücktrittschreibens am 7.2.2004 eingetroffen, nämlich am 12.2.2004 (Bl. 120).
Wegen der Anträge 1. Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Der Beklagte hat behauptet, unmittelbar im Anschluss an die Klageerhebung seien die Löschungsunterlagen eingereicht worden (Bl. 82). Schon deshalb sei der Rücktritt der Klägerin vom 5.2.2003 nicht berechtigt.
Das LG hat der Klage stattgegeben und ausgeführt, der mit Schreiben vom 5.2.2004 erklärte Rücktritt sei nach § 323 Abs. 1 BGB n.F. wirksam, weil der Beklagte die Löschungsunterlagen dem Notar unstreitig nicht innerhalb der mit Schreiben vom 19.11.2003 gesetzten Nachfrist von zehn Tagen vorgelegt hat. Ob und wann dem Notar danach die Löschungsunterlagen vorgelegt wurden, sei unerheblich. Die Klägerin sei ni...