Leitsatz (amtlich)
1. Die dem Reisenden wegen feststellbarer Mängel zustehende Minderung des Reisepreises ist im Wege einer Gesamtwürdigung zu ermitteln und nicht durch Addition der anhand anderer Fälle gefunden Minderungsquoten aus tabellarischen Aufstellungen.
2. In die Berechnung der Minderung sind jedenfalls diejenigen Leistungsteile mit einzubeziehen, die mit dem mangelhaften Leistungsteil in engem Zusammenhang stehen; im Streitfall Mietwagenkosten bei Mangelhaftigkeit eines angemieteten Ferienhauses.
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 28.11.2003; Aktenzeichen 4 O 171/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Hannover vom 28.11.2003 teilweise abgeändert und insgesamt zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.216,95 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 4.5.2002 zu zahlen. Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat der Kläger 90 % und hat die Beklagte 10 % zu zahlen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 85 % und hat die Beklagte 15 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Beschwer des Klägers übersteigt nicht 20.000 Euro.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Minderung eines gezahlten Reisepreises wegen Reisemängeln sowie um Entschädigung für vertane Urlaubszeit.
Der Kläger buchte am 26.2.2002 bei der beklagten Reiseveranstalterin eine Mehrzahl von Reiseleistungen, nämlich einen Mietwagen zum Preise von 778 Euro, ein Haus in O. zum Preise von 2.699 Euro für die Zeit vom 22.3. bis 4.4.2002 zum Zwecke der Unterkunft für zwei Erwachsene und vier Kinder im Alter von 9, 7 und 2 × 2 Jahren sowie Funpässe, für die pro Erwachsenen jeweils 339 Euro und für jedes der beiden älteren Kinder jeweils 274 Euro zu entrichten waren. Die Gesamtkosten, die der Kläger an den beklagten Reiseveranstalter zu zahlen hatte, betrugen 4.703 Euro.
Der Kläger beruft sich auf eine Vielzahl von Mängeln, die sich insb. auf die gebuchte Unterkunft beziehen.
Im Einzelnen hat er folgende Minderungsbeträge begehrt:
25 % weil am Haus der Garten gefehlt habe und das ganze Viertel eine Baustelle gewesen sei;
15 % weil die Entfernung zum D. Gelände statt 15-20 Autominuten 45 Autominuten betragen habe;
10 % wegen Ausstattungsmängeln des Hauses, insb. des Nichtfunktionierens der Alarmanlage während der ganzen Zeit, des Klemmens des Garagentores bei Ankunft, der Tatsache, dass die gesamte Wäsche bisher nicht benutzt und nicht vorgewaschen gewesen sei;
25 % wegen Lärmbeeinträchtigungen tagsüber durch die Bautätigkeit auf den Nachbargrundstücken;
40 % wegen Lärmbeeinträchtigungen nachts durch eine nahegelegene vierspurige Straße;
5 % weil ein Willkommenspaket, welches das erste Frühstück habe sicherstellen sollen, gefehlt habe;
15 % weil der Swimmingpool unbeheizt gewesen sei, dann zwar aus Kulanz angestellt worden sei, am 30. und 31.3. zudem unbenutzbar gewesen sei, weil die Umwälzpumpe ausgefallen war;
5 % wegen fehlender Reiseorganisation;
5 % weil das Telefon vom 28.3. bis 1.4. abgeschaltet gewesen sei.
Die Beklagte ist den Mängeln im Wesentlichen entgegengetreten, teils mit der Behauptung, sie träfen nicht zu, teils mit der Entgegnung, das Beanstandete sei vertraglich nicht geschuldet gewesen. Sie hat schließlich darauf hingewiesen, mit der Mängelrüge, die der Kläger bereits am 23.3.2002 vorgenommen haben will und die schriftlich Bl. 64, worauf Bezug genommen wird, ihren Niederschlag gefunden hat, seien keinesfalls all diejenigen Mängel gerügt worden, die ggf. hätten gerügt werden müssen, weil die Beklagte sie hätte abstellen können.
Seine Gesamtforderung, die der Kläger in erster Instanz auf 12.055,25 Euro errechnet hat, setzte sich aus 4.703 Euro zusammen, die der Kläger an die Beklagte entrichtet hatte, aus 3.496,82 Euro, die der Kläger für Flüge der Businessclass an einen anderen Leistungsträger gezahlt haben will, sowie aus 3.855,43 Euro, die der Kläger für entgangene Urlaubsfreuden begehrt. Zu dem letztgenannten Betrag hat er vorgetragen, dass bei einem monatlichen Verdienst von 8.481,95 Euro und 10 Arbeitstagen, die der Kläger als vertanen Urlaub ansieht, sich ausgehend von 22 Arbeitstagen an entgangenen Urlaubsfreuden einen Betrag von 3.855,43 Euro errechne.
Das LG hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der Ehefrau des Klägers auf die Klage einen Betrag von 539,60 Euro zugesprochen. Es hat gemeint, eine Minderung stehe dem Kläger zwar i.H.v. 20 % zu. Sie sei jedoch allein von den Kosten des Hauses, die mit 2.699 Euro zu Buche geschlagen hätten, zu berechnen. Es hat im Rahmen seiner Minderungsquote insb. berücksichtigt, dass um das Hausgrundstück herum Bauarbeiten stattgefunden hätten und mit Lkw täglich Baumaterialien angeliefert worden seien, sowie gehämmert und gebohrt worden sei. Es hat ferner den Autobahnlärm von einer mehrspurigen Straße berücksichtigt, ihm aber kein übermäßiges Gewi...