Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer anleger- und objektgerechten Beratung bei chancenorientiertem Verhalten des Anlegers in der Vergangenheit.
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 8 O 333/09) |
Tenor
In dem Rechtsstreit ... beabsichtigt der Senat, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da das Rechtsmittel der Klägerin keine Aussicht auf Erfolgt hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz aus dem Verkauf von Bonuszertifikaten in Anspruch.
Die - mittlerweile in Rente befindliche - Klägerin war seit 1994 Kundin der X-Bank AG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist. Seit 1996 nahm sie dort - insbesondere auch aktienbasierte - Wertpapiergeschäfte vor. Am 15.2.2007 erwarb die Klägerin nach einem Gespräch mit der für die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden nur noch Beklagte) tätigen Kundenberaterin F. am 6.2.2007 geführten Gespräch 13 Zertifikate der Lehman-Brothers Treasury Co. B. V. Global Champion ZT07 im Nennwert von jeweils 1.000 EUR zu einem Gesamtpreis von 13.000 EUR. Die Entwicklung der Anlage war an verschiedene Basiswerte - die Aktienindices Dow Jones EuroStoxx 50, Nikkei 225 und Standard & Poor's 500 - geknüpft und hing davon ab, dass keiner dieser Werte eine festgelegte Kursschwelle - 60 % des Schlusskurses am Emissionstag - berührte oder unterschritt. War dies nicht der Fall, erhielt der Anleger am Ende bestimmter im Vorhinein festgelegter Beobachtungszeiträume (dem 6.5.2008, 6.5.2009 und 6.5.2010) einen Bonus i.H.v. 8,75 % des Nennbetrags der Zertifikate. Wenn während der Laufzeit einer der Basiswerte die Kursschwelle berührte oder unterschritt, entfiel der Bonus auch für die künftigen Beobachtungszeiträume und am Verfallstag. In diesem Fall richtete sich die Rückzahlung des angelegten Kapitals nach der Wertentwicklung, die der Index, der die Kursschwelle am tiefsten unterschritten hatte, bis zum Verfallstag erreichte.
Anlässlich des vor Erwerb der Zertifikate geführten Beratungsgesprächs, an dem auch der Ehemann der Klägerin teilnahm, erkundigte sich dieser danach, ob es sich bei der Emittentin um eine "sichere" Bank ohne Insolvenzrisiko handele, woraufhin die Beraterin F. erklärte, es handele sich um eine der größten amerikanischen Investmentbanken, weshalb nur ein geringes Risiko, das eher theoretischer Natur sei, bestehe. Ferner erläuterte die Beraterin die Barriere und den "Sicherheitspuffer" von 39,99 %. Ob die Klägerin in diesem Zusammenhang die als Anlage B 4 überreichten Produktinformationen ausgehändigt erhielt, ist zwischen den Parteien streitig.
Die Anlage entwickelte sich zunächst positiv, weshalb die Klägerin am 13.5.2008 eine Ausschüttung i.H.v. 1.137,50 EUR erhielt. Im Zuge der weltweiten Finanzmarktkrise musste die Emittentin im September 2008 Insolvenz anmelden. Die von der Klägerin erworbenen Zertifikate sind - soweit ersichtlich - wertlos.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung des Investments in Anspruch. Sie hat behauptet, eine eher konservative Anlegerin gewesen zu sein und eine ausgewogene Anlagestrategie bevorzugt zu haben, was sich auch aus ihrem Risikoprofil ergeben habe. Das angelegte Geld habe sie für ihre Altersvorsorge investieren wollen. Als Altersvorsorge sei das empfohlene Produkt indes völlig ungeeignet gewesen. Dass es ihr dabei auf die Sicherheit der Anlage angekommen sei, ergebe sich auch aus der Nachfrage ihres Ehemanns, um was für eine Bank es sich bei der Emittentin gehandelt habe. Aufgrund dieser Nachfrage hätte die Beklagte sie - wie die Klägerin meint - darüber aufklären müssen, dass in dem - wenn auch unwahrscheinlichen Fall - einer Insolvenz die Besonderheit bestehe, dass die konkrete Bank einem Einlagensicherungssystem nicht unterliege und deshalb der Totalverlust des eingelegten Kapitals möglich sei. Gerade in der Nachfrage nach dem Insolvenzrisiko habe sich zudem ein erhöhter Beratungsbedarf und ein besonderes Sicherheitsbedürfnis der Klägerin offenbart. Durch den Hinweis auf das nur theoretische Risiko habe die Beklagte der Klägerin indes suggeriert, dass es sich um eine nahezu risikofreie Anlage handele. Bei weitergehender Aufklärung hätte sie - die Klägerin - von der Kaufentscheidung Abstand genommen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat nicht nur eine unzureichende Aufklärung bestritten, sondern auch, dass die Klägerin eine "sichere" Anlage gewünscht habe. Bei der Klägerin habe es sich um eine chancenorientierte Anlegerin gehandelt, was auch in ihrem bis dahin gezeigten Anlageverhalten zum Ausdruck gekommen sei. Entsprechendes habe die Klägerin - insoweit unstreitig - bei einem Gespräch am 20.6.2006 ggü. der Beklagten geäußert. Als Anlageziel habe sie ausschließlich die Vermögensanlage, nicht jedoc...