Leitsatz (amtlich)
Zur Anlegerberatung beim Erwerb von Lehmann-Zertifikaten.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Urteil vom 10.12.2010; Aktenzeichen 1 O 312/09) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 10.12.2010 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 1 O 312/09 - wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin nimmt die beklagte Bank im Zusammenhang mit einem von ihr am 3.3.2008 nach vorangegangener Beratung von der Beklagten für 10.200,- EUR (10 Stück à 1.000,- EUR zzgl. 2 % Ausgabeaufschlag) erworbenen "Bonus Express Defensiv Zertifikat" der niederländischen Tochtergesellschaft der U. S.. auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch.
Durch das angefochtene Urteil (GA 164 - 178), auf dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG die Klage nach persönlicher Anhörung der Klägerin und Vernehmung der Kundenberaterin der Beklagten, der Zeugin B., abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung zu.
Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, nicht anlegergerecht beraten worden zu sein. Unter Zugrundelegung des von der Klägerin am 3.3.2008 unterzeichneten Risikoprofils sei die Beratung durch die Beklagte anlegergerecht gewesen. Den ihr obliegenden Beweis, dass dieses Risikoprofil nicht ihren Wünschen nach einer sicheren und risikolosen Anlage entsprochen habe, habe die Klägerin nicht geführt. Den Angaben der Klägerin im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung stehe die Aussage der Zeugin B. entgegen, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestünden, den Angaben der Klägerin den Vorrang vor denjenigen der Zeugin zu geben. Aber selbst unter Zugrundelegung des von der Klägerin am 7.3.2008 unterzeichneten weiteren Risikoprofils habe die Beklagte nicht gegen ihre Verpflichtung zur anlegergerechten Beratung verstoßen.
Auch ein Verstoß der Beklagten gegen ihre Verpflichtung zur anlagegerechten Beratung sei nicht bewiesen. Auf das Fehlen einer Einlagensicherung sei in der von der Klägerin unterzeichneten Wertpapiersammelorder vom 3.3.2008 hingewiesen worden. Auf das allgemeine Emittentenrisiko sei in der Produktinformation sowie in den Basisinformationen über Vermögensanlagen in Wertpapieren hingewiesen worden. Die im September 2008 eingetretene Insolvenz von Lehman habe nicht vorausgesehen werden können.
Aufklärungspflichtige Rückvergütungen habe die Beklagte nicht erhalten, weshalb eine Aufklärungspflichtverletzung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht gegeben sei.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Zahlungsantrag weiter.
Sie meint, das LG habe zu Unrecht angenommen, das Risikoprofil vom 3.3.2008 sei als Grundlage für die Prüfung der anlegergerechten Beratung heranzuziehen. Es habe unzureichende Anforderungen an die Plausibilität und Nachvollziehbarkeit der Aussage der Zeugin B. gestellt und nicht berücksichtigt, dass die Zeugin zu Beginn ihrer Vernehmung den Beratungsablauf wie auswendig gelernt in epischer Breite vorgetragen und nicht verständlich gemacht habe, warum die Klägerin vier Tage nach dem 3.3.2008 zu der Zeugin gekommen sei, um das Risikoprofil "nach unten herabzusetzen". Ergänzend behauptet die Klägerin erstmals, dass - was sie erst nach Verkündung des angefochtenen Urteils habe in Erfahrung bringen können - die Beklagte ihre Mitarbeiter vor jeder Vernehmung schule, hierbei den Aussageinhalt vorgebe und auch auf die Bedeutung für den Arbeitsplatz hinweise. Zudem gehöre es zu den arbeitstechnischen Vorgaben bei der Beklagten und der Praxis ihrer Berater, den Kunden am Bildschirm ausgefüllte Formulare auch ohne Absprache und Durchsicht im Einzelnen zur Unterschrift vorzulegen. Im Übrigen könne das Risikoprofil vom 3.3.2008 auch deshalb keine tragfähige Grundlage für die Anlageberatung sein, weil es hinsichtlich der Fragen zur Risikoeinstellung der Kunden zu unpräzise sei.
Die Annahme des LG, auch unter Zugrundelegung des am 7.3.2008 erstellten Risikoprofils liege kein Verstoß gegen die Verpflichtung zur anlegergerechten Beratung vor, sei ebenfalls fehlerhaft. Denn das in Rede stehende Zertifikat entspreche schon deshalb, weil es nicht unter den Einlagensicherungsfonds falle, nicht den in dem Risikoprofil vom 7.3.2008 explizit aufgeführten, vom LG aufgrund einer fehlerhaften Wertung für unbeachtlich gehaltenen sicherheitsorientierten Vorgaben der Klägerin. Hierauf hätte die Beklagte die Klägerin am 7.3.2008 ebenso hinweisen müssen wie auf die Widersprüchlichkeit der Vorgaben der Klägerin in dem an diesem Tag von ihr unterzeichneten Risikoprofil. Im Hinblick auf die unstreitig erst am 31.3.2008 abgelaufene Zeichnungsfrist hätte die Ausführung der Order vom 3.3.2008 am 7.3.2008 noch gestoppt werden können und müss...