Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz nach Verkehrsunfall: Schmerzensgeldbemessung bei 100 %-Erwerbsunfähigkeit vom 24 Jahre zurückliegenden Unfallereignis an; Unfallbedingter Mehrbedarf; Feststellungsinteresse für die Eintrittspflicht für Zukunftsschäden; Ermittlung des Verdienstausfallschadens bei Selbständigen
Normenkette
BGB § 212 Abs. 1 Nr. 1, §§ 253, 823 Abs. 1, § 843 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1, §§ 287, 538 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 29.8.2012 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des LG Hannover teilweise geändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld i.H.v. 19.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1.3.2003 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und alle derzeit nicht hinreichend sicher vorhersehbaren weiteren immateriellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 25.2.1989 zu erstatten, soweit diese nicht schon durch die bisherigen außergerichtlichen Zahlungen der Beklagten ausgeglichen sind, materielle Schäden außerdem nur insoweit, als sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind oder noch übergehen.
3. Wegen des weiter gehenden Schmerzensgeldbegehrens (Klagantrag zu 2), des geltend gemachten Zahlungsanspruchs i.H.v. 91.650 EUR nebst Zinsen für restlichen Mehrbedarfs- und Haushaltsführungsschaden (Klagantrag zu 3) und der außergerichtlichen Anwaltskosten (Klagantrag zu 1e) wird die Klage abgewiesen.
II. Im Übrigen (d.h. hinsichtlich der den Erwerbsschaden betreffenden Klaganträge zu 1a, 1b, 1c und 1d sowie 4b und der Kostenentscheidung) wird auf die Berufung des Klägers das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das LG zurückverwiesen.
III. Die weiter gehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers wegen des vom Senat ausgeurteilten Schmerzensgeldes durch Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1fachen des aufgrund des Urteils insoweit vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des 1,1fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalls am 25.2.1989 geltend, bei dem er im Alter von rund 38,5 Jahren aus alleinigem Verschulden des Versicherungsnehmers der Beklagten so schwer verletzt wurde, dass er jedenfalls spätestens seit 1.1.2001 vollständig erwerbsunfähig ist. Die einhundertprozentige Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Ausweislich der Aufstellung der Beklagten (Bl. 283f d.A.), die der Kläger mit Schriftsatz vom 7.8.2008 (Bl. 351 d.A.) betragsmäßig anerkannt hat, erbrachte die Beklagte bis zur Klagerhebung für den Zeitraum bis einschließlich September 2006 Gesamtzahlungen i.H.v. 681.365,83 EUR.
Hiervon entfallen unstreitig 71.580,87 EUR auf Schmerzensgeld, 415.449,25 EUR auf Verdienstausfall, 107.300 EUR auf behinderungsbedingten Mehrbedarf und Haushaltsführungsschaden sowie 87.035,71 EUR auf sonstige Schäden (insbesondere 78.000 DM und 22.600 DM für die Fertigstellung eines vor dem Unfall begonnenen Hausumbaus sowie 35.000 DM als Zuschuss für den Erwerb einer CAD-Anlage zur Unterstützung des Versuchs der Fortführung der früheren beruflichen Tätigkeit des Klägers als freiberuflicher Bauingenieur).
Der Kläger hat behauptet, er sei durchgängig seit dem Unfall vollständig erwerbsunfähig gewesen. Die (unstreitig) im Zeitraum vom 1.8.1993 bis 30.7.1995 vollschichtig und sodann noch bis Ende 2000 halbtags ausgeübte Tätigkeit als Prüfingenieur bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion H. sei nach seiner Auffassung überobligatorisch gewesen, so dass die daraus erzielten Einkünfte entgegen der Auffassung der Beklagten nicht auf seinen Erwerbsschaden anzurechnen seien. Für diesen Zeitraum stehe ihm deshalb in jedem Fall noch ein weiterer Verdienstausfall zu. Ungeachtet der von der Beklagten fortlaufend erbrachten Zahlungen ergebe sich aber auch für den übrigen Zeitraum vom Unfalltag bis zur Klagerhebung noch ein offener Erwerbsschaden, weil die Beklagte ihren Zahlungen ein wesentlich zu geringes fiktives Einkommen des Klägers für die Fortführung seiner beruflichen Tätigkeit ohne das Unfallereignis zugrunde gelegt habe. Der Kläger hat sich insoweit einen Verdienstausfall von 1.027.770 EUR netto errechnet, der sich wie folgt zusammensetzt:
für das Jahr 1989:
3.000 EUR netto monatlich × 10 Monate = 30.000 EUR,
für das Jahr 1990:
3.300 EUR netto × 12 Monate = 39.600 EUR,
für das Jahr 1991:
3.800 EUR netto × 12 Monate = 45.600 EUR,
für das Jahr 1992:
4.000 EUR netto × 12 Monate = 48.000 EUR,
für das Jahr 1993:
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