Leitsatz (amtlich)

Durch die Aufforderung unter Fristsetzung, Mängel zu beseitigen, wird, selbst wenn die gesetzte Frist zu kurz bemessen ist, eine den Verhältnissen angemessene Frist ins Laufen gesetzt.

 

Verfahrensgang

LG Stade (Urteil vom 27.07.2001; Aktenzeichen 6 O 75/01)

 

Tenor

Unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils des Senats vom 13.6.2002 wird das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Stade vom 27.7.2001 auf die Berufung der Beklagten hin teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 55.030,29 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit dem 1.12.2000 zu zahlen.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen bleibt das Versäumnisurteil des Senats vom 13.6.2002 aufrechterhalten.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen zu 13 % die Klägerin und zu 87 % die Beklagte.

Die Beklagte trägt vorab die durch die Säumnis im Termin am 13.6.2002 entstandenen Kosten. Im Übrigen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens zu 13 % die Klägerin und zu 87 % die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Klägerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Parteien können die Sicherheit auch in Form einer unwiderruflichen, unbedingten, unbefristeten und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, einer öffentlichen Sparkasse, Volksbank oder Bank, die einem anerkannten Einlagensicherungsfonds angehört, erbringen.

Beschwer für die Beklagte: über 20.000 Euro.

Beschwer für die Klägerin: unter 20.000 Euro.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung eines Kostenvorschusses für eine Mängelbeseitigung in Anspruch.

Die Klägerin hatte die Beklagte als Subunternehmerin durch schriftliche Liefer- und Montageverträge vom Mai 1997 (Bauvorhaben Neidel, Bl. 20 GA), Juni 1997 (Bauvorhaben R., Bl. 26 GA), Oktober 1997 (Bauvorhaben Leseberg, Bl. 13 GA) und Januar 1998 (Bauvorhaben Lange, Bl. 6 GA) beauftragt, jeweils ein Wohnhaus in Holzbauweise zu erstellen. Die Verträge sahen die Geltung der VOB/B vor. In der Folgezeit führte die Beklagte die Arbeiten aus.

Im Jahre 1999 beantragte die Klägerin vor dem LG Stade zum Aktenzeichen 6 OH 17/99 die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. Nach den in diesem Verfahren eingeholten Gutachten des Sachverständigen G. vom 24.3.2000 und 9.10.2000 weisen die Arbeiten der Beklagten hinsichtlich aller vier Bauvorhaben erhebliche Mängel auf. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Sachverständigengutachten (Bl. 31 ff., 80 ff. GA) verwiesen. Nach Einschätzung des Sachverständigen G. werden sich die Mängelbeseitigungskosten auf 99.315,90 DM netto (115.208,44 DM brutto) (Bl. 79 GA) zzgl. weiterer 8.314 DM netto (Bl. 82 ff. GA) belaufen.

Mit Anwaltsschreiben vom 13.10.2000 (Bl. 86 GA) forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 10.11.2000 auf, sämtliche von dem Sachverständigen G. festgestellten Mängel zu beseitigen. Zugleich wurde für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs eine Mängelbeseitigung durch die Beklagte abgelehnt und die Geltendmachung eines für eine Mängelbeseitigung erforderlichen Vorschusses für eine Ersatzvornahme angekündigt. Mit Anwaltsschreiben vom 6.11.2000 (Bl. 88 GA) ließ die Beklagte durch ihre erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mitteilen, dass die gesetzte Frist zu kurz bemessen sei, weil sie für die Nachbesserungsarbeiten Arbeitserlaubnisse für ihre Mitarbeiter beantragen müsse, der Klägerin aber noch mitteilen werde, bis zu welchem Zeitpunkt sie, die Beklagte, in der Lage sein werde, Nachbesserungsarbeiten durchzuführen. Die Klägerin setzte der Beklagten daraufhin mit Schreiben vom 8.11.2000 (Bl. 90 GA) eine Nachfrist bis zum 24.11.2000. Abermals wurde die Beklagte darauf hingewiesen, dass im Falle des ungenutzten Verstreichens der Frist eine Ersatzvornahme veranlasst werde. Dieses Schreiben ließ die Beklagte unbeantwortet und blieb auch ansonsten untätig.

Ende Februar 2001 hat die Klägerin beim LG Klage auf Zahlung eines Kostenvorschusses von 123.520,44 DM eingereicht, die den erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 20.3.2001 zugestellt worden ist.

Mit Anwaltsschreiben vom 6.5.2001 (Bl. 117 GA) wandte sich die Beklagte an die Bewohner des Wohnhauses Sch.-kamp in W. (Bauvorhaben L.) und kündigte die Vornahme von Mängelbeseitigungsarbeiten im Zeitraum vom 15.5.2001 bis Mitte Juni 2001 an. Mit Anwaltsschreiben vom 10.5.2001 (Bl. 119 GA) widersprach die Klägerin dem Vorgehen der Beklagten.

Die Kläger...

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