Leitsatz (amtlich)
Die Interessenwahrnehmung eines Rechtsschutzversicherten bietet dann hinreichende Erfolgsaussicht, wenn der Versicherungsnehmer einen Rechtsstandpunkt einnimmt, der aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zutreffend oder zumindest vertretbar erscheint und wenn für den behaupteten Sachverhalt zumindest die Mög-lichkeit der Beweisaufnahme besteht.
Normenkette
ARB § 1 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 21.07.2006; Aktenzeichen 13 O 85/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 21.7.2006 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des LG Hannover unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger hinsichtlich der an den Bevollmächtigten seiner Tochter zu zahlenden Vergütung sowie die Tochter des Klägers bezüglich der angefallenen und anfallenden Gerichtsgebühren für die Durchführung von VGstreitigkeiten mit dem Ziel der Studienzulassung gegen die Universitäten B., H., U., T., L., H., F., S., W., H., L. und F. zu 10/12 freizustellen.
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger hinsichtlich der an die prozessbevollmächtigten Anwälte der verklagten Universitäten L., H., B., H., F., U., T. und R. zu zahlenden Vergütung nebst angefallener Zinsen zu 10/12 freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger 37 % und die Beklagte 63 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt Deckungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung für Hochschulzulassungsverfahren gegen mehrere Universitäten für das Fach Humanmedizin (1. klinisches Semester) für das Wintersemester 2005/2006.
Zwischen den Parteien besteht ein Rechtsschutzversicherungsvertrag, dem die ARB 1975/2004 zugrunde liegen (Bl. 51, 64-80 d.A.). Zum 7.9.2004 wurde der Versicherungsschutz auf die Einbeziehung der Wahrnehmung rechtlicher Interessen vor den VG erweitert (§ 26 Abs. 3h) ARB 1975/2004). Aus einem internen Rundschreiben der Beklagten vom 23.9.2002 ergibt sich, dass der VG-Rechtsschutz u.a. Streitigkeiten mit der Schul- oder Hochschulverwaltung wegen der Zulassung zu Hochschulen umfasst (Bl. 18 f. d.A.).
Die am ... 1982 geborene Tochter des Klägers legte am 11.6.2002 das Abitur ab (Bl. 81 d.A. d.A.) und erhielt nach einem vorangegangenen Klageverfahren beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt einen Studienplatz an der Universität L. (Bl. 81 d.A.). Am 18.3.2005 bestand sie die ärztliche Vorprüfung (Bl. 85 d.A.). Nachdem sie für das Sommersemester 2005 keine Zulassung für den klinischen Abschnitt erhalten hatte, nahm sie für das Wintersemester 2005/2006 die Universitäten B., H., U., T., L., H., F., S., W., H., L. und F. in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren auf Zulassung in Anspruch. Die jeweilige Anzahl der Studienplätze wird von den Wissenschaftsministerien der Länder, in Ba. und Be. unmittelbar von den Universitäten festgelegt. Soweit in den Verfahren vor den VG weitere freie Studienplätze "gefunden" werden, werden diese wegen der höheren Zahl der Antragsteller unter diesen in der Regel durch Los verteilt. Durch Beschluss des VG Leipzig vom 23.11.2005 wurde die Tochter des Klägers vorläufig zum Studium der Humanmedizin im 5. Fachsemester an der Universität L. zugelassen (Bl. 280 - 287 d.A.). Hierauf nahm sie ihre weiteren Anträge bei den übrigen VG zurück (Bl. 267 d.A.). Durch Beschluss des Sächsischen OVG vom 17.2.2006 wurde der Beschluss des VG Leipzig abgeändert und der Antrag zurückgewiesen (Bl. 288 - 294 d.A.). Im Rahmen eines Verfahrens über eine Anhörungsrüge bot der Freistaat S. der Tochter des Klägers am 6.4.2006 die endgültige Zulassung zum Studium der Humanmedizin für das Wintersemester 2005/2006 (5. Fachsemester) an (Bl. 305 f. d.A.). Der Vergleich wurde angenommen.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten Deckungsschutz für Verfahren auf einstweilige Anordnungen vor verschiedenen VG mit dem Ziel der Studienzulassung zum 1. klinischen Semester wegen Nichtausschöpfung der bei den Universitäten vorhandenen Kapazitäten. Die Beklagte lehnte dies am 28.12.2005 mit der Begründung ab, es fehle an einem Versicherungsfall sowie an der Wahrnehmung von Interessen im rechtlichen Bereich (Bl. 20-22 d.A.).
Der Kläger hat vorgetragen, ihm stehe für seine mitversicherte Tochter ein Anspruch auf Deckungsschutz für die Kapazitätsklageverfahren gegen die 12 Universitäten zu, mit denen ihr sich aus Art. 12 GG ergebender Anspruch auf einen Studienplatz durchgesetzt werden solle (Bl. 7, 35-38, 115-120, 123 f., 147 d.A.). Die Beklagte habe in ihrem Rundschreiben aus 2002 selbst anerkannt, dass derartige Zulassungsverfahren unter den VG-Rechtsschut...