Verfahrensgang
LG Göttingen (Entscheidung vom 03.05.1984; Aktenzeichen 2 O 331/83) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 3. Mai 1984 teilweise geändert.
Der Kläger wird verurteilt, der Beklagten weitere 2.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24. Mai 1983 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die gesamten Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Wert der Beschwer:
für den Kläger 13.250 DM,
für die Beklagte 1.000 DM.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist im wesentlichen begründet; die des Klägers ist unbegründet.
I.
Der Eingriff, den der Kläger am 29. Oktober 1982 bei der Beklagten vorgenommen hat, war rechtswidrig und verpflichtet den Kläger, ohne daß dieser einen Honoraranspruch hat, zum Ersatz des der Beklagten entstandenen Schadens.
1. Es ist davon auszugehen, daß der Eingriff nicht von der erforderlichen Einwilligung der Beklagten gedeckt war, weil der Kläger nicht bewiesen hat, daß er sie ordnungsgemäß aufgeklärt hat.
a) Die Begutachtung durch die Sachverständige Professor Dr. S. hat ebenso wie die gutachtlichen Ausführungen der Sachverständigen, die in der Vorinstanz sowie in den anderen gegen den Beklagten anhängigen - jedenfalls ihm bekannten - Zivil- und Strafverfahren hinzugezogen worden sind, ergeben, daß die Art und Weise, wie er Operationen zur Bauchdeckenstraffung durchzuführen pflegt, von der heute durchweg üblichen Methode abweicht. Hiernach wird ein solcher Eingriff in einem einzigen, in Vollnarkose ausgeführten Operationsakt vorgenommen, bei dem von vornherein nur ein einziger Schnitt gelegt wird, der so tief wie möglich angesetzt wird, damit die dabei entstehende Narbe später jedenfalls durch einen Bikini und unter Umständen sogar schon durch die Schambehaarung verdeckt werden kann. Dagegen führt der Kläger die Operation in zwei Abschnitten aus, wobei er zunächst - unter Entfernung von Fettgewebe - einen Hautstreifen in Nabelhöhe wegschneidet und den Nabel neu einsetzt und erst in einem zweiten, späteren Akt die oberhalb der ersten Operationsnaht vorhandene Haut so weit wie möglich hinunterzieht und die nicht benötigte Bauchhaut unterhalb der ersten Naht entfernt; beide Teiloperationen nimmt der Kläger in aller Regel in Lokalanästhesie vor. Daß es sich dabei um eine von der "Schulmedizin", jedenfalls der in der plastischen Chirurgie allgemein praktizierten Vorgehensweise abweichende Außenseitermethode handelt, räumt der Kläger letztlich selbst ein; in einer persönlichen Stellungnahme vom 12. März 1983 zu dem in der Sache 2 O 78/83 LG Göttingen = 1 U 41/84 OLG Celle erstatteten Gutachten der Sachverständigen S. und N. hat er die von ihm gewählte Verfahrensweise als "eigenwilliges Vorgehen" bezeichnet (vgl. Bl. 104 jener Akten). Tatsächlich hat er, obwohl er in der mündlichen Berufungsverhandlung in Abrede genommen hat, sich in Widerspruch zur Schulmedizin zu setzen, außer dem Hinweis auf eigene, im wesentlichen mehr populärwissenschaftliche Veröffentlichungen keine Belegstellen im medizinischen Schrifttum benannt, an denen die von ihm angewandte Methode beschrieben worden wäre.
Auf eine von ihm angewandte Außenseitermethode muß der Arzt den Patienten hinweisen, wenn sie unter Umständen mit größeren, jedenfalls aber mit erheblichen anderen Risiken verbunden ist als die herkömmliche Verfahrensweise. Letzteres ist hier schon deswegen der Fall, weil die Patientin anstatt einem einzigen insgesamt zwei nicht ganz geringfügigen Eingriffen ausgesetzt wird, die jeder für sich mit den typischen Gefahren einer jeden Operation, insbesondere dem allgemeinen Infektionsrisiko belastet sind. Vor allem aber schränkt der Kläger bei seiner Art des Vorgehens die Möglichkeiten, ein kosmetisch optimales Ergebnis zu erreichen, ein, wenn er durch die beim ersten Operationsabschnitt in Höhe des Nabels hinterlassene Narbe die unterhalb dieser Schnittlinie befindliche Haut, die bei der herkömmlichen Behandlungsmethode insgesamt für die letztlich angestrebte Bauchdeckenstraffung zur Verfügung steht, dafür unbrauchbar macht und darauf angewiesen ist, daß die oberhalb des Nabels vorhandene Haut ausreicht, um die gesamte Bauchpartie bis zur Schamhaargrenze abzudecken. Letzteres war gerade bei der Beklagten nicht der Fall; denn wie die Sachverständige Professor S. nach Untersuchung der Beklagten festgestellt hat, ließe sich der vom Kläger geplante zweite Teil der Operation nur mit dem Ergebnis durchführen, daß die endgültig verbleibende Narbe etwa auf halber Höhe zwischen Nabel und Schamhaargrenze verliefe. Der Kläger hat sich zwar angesichts dieses Gutachtenergebnisses darauf berufen, er hätte notfalls einen sogenannten T-Schnitt gesetzt, um so mehr Haut aus den Seitenbereichen zur Versorgung der insgesamt abzudeckenden Bauchpartien heranziehen zu können. Das macht die Sache indessen nicht besser, weil in diesem Fall eine weitere Narbe vorhanden wäre. Dementsprechend...