Leitsatz (amtlich)

Ein Testamentsvollstrecker kann weder im Wege der gewillkürten noch der gesetzlichen Prozessstandschaft vorgehen, wenn für das von ihm verfolgte, im Grundbuch eingetragene subjektivpersönliche Vorkaufsrecht eine Übertragbarkeit o.Ä. aus dem Grundbuch nicht ersichtlich ist.

 

Normenkette

BGB §§ 473, 1094 Abs. 1, § 2205; ZPO § 51

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 19.09.2011; Aktenzeichen 16 O 210/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Einzelrichters der 16. Zivilkammer des LG Hannover vom 19.9.2011 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, sofern nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Der Kläger verfolgt in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker für seine Tochter die Ausübung eines Vorkaufsrechts. der Beklagte zu 1 ist der Bruder des Klägers.

Wegen des Sachverhalts sowie der erstinstanzlich gestellten Anträge wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Ergänzend wird aus dem Testament vom 31.1.1986 unter Ziff. 2 auszugsweise zitiert:

"Bezüglich der Einsetzung meiner Vorerbin K. ordne ich Testamentsvollstreckung an. Testamentsvollstrecker soll mein Sohn P. sein. Die Testamentsvollstreckung wird auf die Dauer von 30 Jahren angeordnet. Die Testamentsvollstreckung soll auch bestehen bleiben im Falle des Nacherbfalls. Die Testamentsvollstreckung endet jedoch in jedem Falle mit dem Ableben meines Sohnes P."

Ferner enthält das Testament unter Ziff. 3. folgende Teilungsanordnung zum Grundbesitz ... (Ziff. 3.1):

"... Beide Miterben haben sich wechselseitig ein Vorkaufsrecht einzuräumen. Auch dieses Vorkaufsrecht soll im Grundbuch vermerkt werden ..."

Die Vorerbin K. ist am ... geboren, war also zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung 20 Jahre alt.

Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger könne sich nicht auf eine gesetzliche Prozessstandschaft berufen. Die Erblasserin habe die Testamentsvollstreckung nur bezogen auf den Erbteil der Tochter des Klägers bzw. deren Erbeinsetzung als Vorerbin angeordnet, weswegen bei der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht der Erbteil der Tochter des Klägers betroffen gewesen sei, sondern der Erbteil des Beklagten zu 1. Auch eine gewillkürte Prozessstandschaft komme nicht in Betracht. Der Kläger habe kein eigenes rechtliches schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung der Klageansprüche dargelegt. ein solches Interesse sei auch nicht ersichtlich, ebenso wenig eigene wirtschaftliche Interessen des Klägers.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Dieser vertritt die Auffassung, dass es zu seinen Aufgaben als Testamentsvollstrecker u.a. gehöre, nicht nur das Vorkaufsrecht im Grundbuch eintragen zu lassen, sondern auch über die Ausübung desselben zu entscheiden.

Er stellt den Antrag, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des LG vom 19.9.2011 (16 O 210/10) die Beklagten entsprechend den in der mündlichen Verhandlung vom 9.6.2011 gestellten Anträgen des Berufungsklägers in erster Instanz zu verurteilen mit der Maßgabe, dass die Zug um Zug Verpflichtung des Klägers gemäß dem Klagantrag II aus dem Schriftsatz vom 2.3.2011 der bisherige Betrag von 635.255,49 EUR auf 591.920,49 EUR herabzusetzen ist.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil und verweisen darauf, dass ihrer Auffassung nach die Ausübung des Vorkaufsrechts von den Befugnissen des Testamentsvollstreckers nicht mehr gedeckt wäre.

Wegen des übrigen Sach und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Senat ist im Ergebnis mit dem LG der Auffassung, dass die erhobene Klage unzulässig ist. Der Kläger ist nicht prozessführungsbefugt. Er kann das verfolgte Recht in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker weder in gewillkürter noch in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend machen.

1. Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung des LG, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht den Erbteil der Enkeltochter beeinflussen würde. Dies kann sehr wohl der Fall sein, und zwar im Sinne einer Vermehrung des Grundbesitzes.

2. Eine gesetzliche Prozessstandschaft des Klägers ist nicht gegeben.

Die Prozessführungsbefugnis ist das Recht, ein behauptetes Recht im Prozess im eigenen Namen zu verfolgen oder aufgrund Gesetzes oder besonderen anderweitigen Rechts zur Verfolgung fremder Rechte befugt zu sein (Musielak/Weth, ZPO, 8. Aufl., § 51 Rz. 16. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., vor § 50 Rz. 18). Die Geltendmachung fremden Rechts im eigenen Namen wird als Prozessstandschaft bezeichnet (Musielak/Weth, a.a.O.,...

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