Entscheidungsstichwort (Thema)
Formfreiheit der Einigung über die Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts
Leitsatz (amtlich)
Die Einigung über die Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts ist formfrei möglich und bedarf nicht der Form des § 313 BGB a.F. (= § 311b Abs. 1 BGB) (abweichend von BGH, Urt. v. 7.11.1990 - XII ZR 11/89, NJW-RR 1991, 205).
Normenkette
BGB §§ 873, 1094
Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 29.07.2014; Aktenzeichen 4 O 1625/13) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Bremen vom 29.7.2014 (Gesch.-Nr. 4 O 1625/13) abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf EUR 83.333,34 festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten mit Klage und Hilfswiderklage um Grundbuchberichtigungsansprüche, die eingetragene Vorkaufs- und Wegerechte betreffen.
Der Kläger ist Alleineigentümer des unbebauten Grundstücks Gartenland, E.-Straße in Bremen, eingetragen im Grundbuch von [...] des AG Bremen (im Auszug aus dem Bebauungsplan - Anlage B 1 - rot umrandet). Zugunsten der Beklagten ist in Abteilung II unter der laufenden Nr. 4 des Grundbuchs ein "Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall" eingetragen (vgl. Grundbuchauszug Anlage K 1). Ihr Grundstück F.-Str. [...] (im Auszug aus dem Bebauungsplan - Anlage B 1 - blau umrandet) grenzt unmittelbar an das klägerische Grundstück. Zu den Rechtsgeschäften im Einzelnen kam es wie folgt:
Das Grundstück des Klägers stand ursprünglich im Eigentum der S. (im Folgenden: Erblasserin). Mit notariellem Testament vom 19.3.1969 (Bl. 8 ff. d.A.) setzte sie ihre Schwester B., die Großmutter des Klägers, als Vorerbin ein. Als Nacherben und Vorerben des zweiten Nacherben setzte sie den Sohn von B., H. (den Vater des Klägers) ein. Als zweiter Nacherbe war der Kläger eingesetzt. Der Nacherbenvermerk war im Grundbuch eingetragen und ist erst 2013 gelöscht worden. Die Erblasserin ordnete Testamentsvollstreckung an, "bis mein Neffe H. die Erbschaft angetreten hat und sämtliche Nachlassverbindlichkeiten erfüllt sind". Gemäß Testamentsvollstreckerzeugnis vom 3.1.1973 (Bl. 102 d.A.) ist Rechtsanwalt und Notar O. in Bremen zum Testamentsvollstrecker (über den Nachlass der Erblasserin und ohne ausdrückliche Beschränkung auf die Wahrnehmung der Rechte des Vorerben) bestellt worden. Der Nacherbenvermerk und der Testamentsvollstreckervermerk sind am 21.5.1973 in Abt. 2 des Grundbuchs eingetragen worden (Anlage K1). Die Erblasserin verstarb am 8.8.1972.
Mit notariellem Schenkungsvertrag vom 17.12.1973 (Bl. 12 ff. d.A.) schenkte die (erste) Vorerbin B. das Grundstück ihrem Sohn H., dem Vater des Klägers. Auch dieser Vertrag wurde vom Testamentsvollstrecker mitunterzeichnet. Gleichzeitig wurden die dinglichen Auflassungserklärungen abgegeben. H. wurde 1976 als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen.
Durch notariellen Kaufvertrag vom 29.10.1979 des Notars A., Bremen (UR. Nr. [...], Anl. K 11, Bl. 79 d.A.) erwarben die Beklagten das Grundstück F.-Str. [...], das ursprünglich ebenfalls zum Nachlass der am 8.8.1972 verstorbenen Erblasserin gehörte, von Rechtsanwalt und Notar O. als Testamentsvollstrecker der S. "unter Beitritt" des Vaters des Klägers zu diesem Vertrage (§ 1 des Kaufvertrages).
Im Rahmen der notariellen Beurkundung des Kaufvertrages am 29.10.1979 in Gegenwart aller Beteiligten- diese Abläufe hat die Beklagte zu 1. in ihrer Anhörung vor dem Senat geschildert, sie sind unwidersprochen geblieben- bewilligte der Vater des Klägers, H., "als Eigentümer" ein dingliches, nämlich das hier streitgegenständliche Vorkaufsrecht "für den ersten Verkaufsfall" zugunsten der Beklagten, das im Grundbuch eingetragen wurde (UR. Nr. [...] desselben Notars, Anlage K3, Bl. 11 d.A.). Diese Bewilligung wurde auch vom Testamentsvollstrecker unterzeichnet. Sie wurde von ihm durch notariell beglaubigte Erklärung vom 4.3.1980 dahingehend bestätigt und ergänzt, dass der Testamentsvollstrecker erklärte, er habe den Beklagten das Vorkaufsrecht eingeräumt und dessen Eintragung bewilligt (UR. Nr. [...] des Notars A., Anl. B 5, Hervorhebung im Urteil).
Ebenfalls im Rahmen der notariellen Beurkundung des Kaufvertrages am 29.10.1979 - auch insoweit unbestritten - bewilligten die Beklagten schließlich dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks des Klägers ein Überwegungsrecht an ihrem Grundstück (UR-Nr. [...] des Notars A., Anl. B 4).
Wie insbesondere die Beklagte zu 1. in ihrer Anhörung vor dem Senat ausgeführt hat, kam es zu der Einräumung des Überwegungsrechtes auf kurzfristigen Wunsch des Vaters des Klägers, um den Zugang zu seinem Grundstück sicherzustellen; im Ge...