Leitsatz (amtlich)
Wer als Fluglehrer unter Verstoß gegen §§ 8 Abs. 1 S. 2 LuftVO, § 24 Abs. 1 LuftBO und Nr. III. der Ultraleichtflugzeugbetriebsordnung mit einem Flugschüler verbotene Flugmanöver (Kunstflug) mit einem Ultraleichtflugzeug durchführt, haftet dem Fahrschüler, wenn dieser dabei zu Schaden kommt. Dies gilt auch, wenn der Fluglehrer dem Flugschüler gestattet hat, solche Flugmanöver auszuführen. Setzt der Flugschüler von sich aus zu einem solchen Flugmanöver an, hat der Fluglehrer sofort einzugreifen und gegenzusteuern.
Normenkette
BGB § 823
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Urteil vom 06.02.2003; Aktenzeichen 4 O 371/02) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Hildesheim vom 6.2.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verpflichtung des Beklagten zur Schadensersatzleistung aus Anlass des Flugunfalls des verstorbenen M.D. vom 24.7.1999 nicht über die Zahlung eines Gesamtbetrags von 163.613,40 EUR (= 320.000 DM) hinausgeht.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(§ 540 Abs. 1 ZPO):
I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil (Bl. 114 Bd. I d.A.) und darüber hinaus auf das Urteil des Senats vom 13.11.2003 (Bl. 245 II d.A.). Dieses Urteil ist auf die Revision des Beklagten, soweit es zu dessen Nachteil ergangen ist, durch Urteil des BGH vom 15.3.2005 (Bl. 52 III d.A., BGH NJW-RR 2005, 895), aufgehoben und an den Senat zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - zurückverwiesen worden.
Der Beklagte verfolgt mit seiner Berufung weiterhin die Abweisung der Klage. Der Flugunfall sei auf einen Herzinfarkt des Fluglehrers K. zurückzuführen, der sich - nach Ansicht des Beklagten - jedenfalls nicht fahrlässig verhalten habe; auch eine Haftung aus Deliktsrecht (§§ 823 Abs. 1, 844 BGB) scheide deshalb aus.
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie behaupten, der Fluglehrer K. habe zum Unfallzeitpunkt das Luftfahrzeug allein gelenkt und ein riskantes Flugmanöver geflogen, das dann ursächlich für den Absturz geworden sei.
Der Senat hat zu den Unfallumständen Beweis erhoben aufgrund der Beschlüsse vom 24. Mai (Bl. 67 III d.A.) und 23.6.2005 (Bl. 84 III d.A.) durch Vernehmung der Zeugen G., M., O.-P., P., Pr., R. und E.. Der Zeuge Dipl.-Ing. E., der technischer Referent des Deutschen Ultraleichtflugverbandes ist, ist zudem als Sachverständiger gehört worden, ebenso Prof. Dr. T. vom Institut für Rechtsmedizin der Universität H.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7.10.2005 (Bl. 92-108 III d.A.).
II. Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.
Die Kläger haben gegen den Beklagten als Nachlasspfleger für den Nachlass des verstor-benen Fluglehrers K. einen Anspruch auf Schadensersatz und Feststellung der Ersatzpflicht weiter gehender Unterhaltsschäden - jedenfalls in dem vom LG ausgeurteilten Umfang - gem. §§ 823 Abs. 1, 844 Abs. 1, 2 i.V.m. §§ 1601, 1960, 1967 BGB.
1. Der verstorbene Fluglehrer K. hat fahrlässig und widerrechtlich den Tod des Ehe-manns der Klägerin zu 1 und Vaters der Kläger zu 2 und 3 verursacht.
Der Fluglehrer K. hat am Unfalltag mit Herrn D. einen gemeinsamen Flug in einem Ultra-leichtflugzeug vorgenommen (vgl. im Einzelnen dazu LGU 2/3). Bei diesem Flug hat er ver-botene Flugmanöver - einen Kunstflug - durchgeführt. Dies führte zum Absturz.
Gemäß § 24 Abs. 1 der Betriebsordnung für Luftfahrtgeräte (LuftBO) darf ein Luftfahrzeug - d.h. auch ein Ultraleichtflugzeug - nur in Übereinstimmung mit den festgelegten Betriebs-grenzen betrieben werden. Gemäß § 8 Abs. 1 S. 2 der Luftverkehrsordnung (LuftVO) sind Kunstflüge mit Luftsportgeräten verboten. Zudem sind auch gem. Nr. III.10. der Ultraleichtflugzeugbetriebsordnung (UBO) Kunstflüge mit Ultraleichtflugzeugen nicht erlaubt. Als Kunstflug gilt nach dieser Bestimmung jede Neigung um die Querachse von mehr als 30 Grad und jede Neigung um die Längsachse von mehr als 60 Grad, jeweils bezogen auf die Horizontebene. Der Fluglehrer K. hat aber im Rahmen des zu seinem und dem Tod des Herrn D. führenden Fluges am 24.7.1999 diese Grenzen eindeutig überschritten. Das folgt aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch den Senat.
Die Zeugen O.-P., P., Pr. und R. haben bekundet, Augenzeugen des Vorfalls gewesen zu sein und den Flug, insb. soweit es um die Umstände unmittelbar vor dem Absturz ging, beobachtet zu haben. Nach ihren übereinstimmenden Angaben hat sich das Flugzeug, in dem der Fluglehrer K. mit H...