Entscheidungsstichwort (Thema)
Fluggast auf „Schnupperflug” gehört nicht zum fliegenden Personal
Normenkette
LuftVG § 44
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Urteil vom 06.02.2003; Aktenzeichen 4 O 371/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 6.2.2003 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Hildesheim wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Verpflichtung des Beklagten zur Schadensersatzleistung aus Anlass des Flugunfalles des verstorbenen … vom 24.7.1999 nicht über die Zahlung eines Gesamtbetrages von 163.613,40 Euro (= 320.000 DM) hinausgeht.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert der Beschwer für den Beklagten übersteigt 20.000 Euro.
Gründe
(§ 540 Abs. 1 ZPO)
I. Die Kläger begehren Schadensersatz wegen eines Flugunfalles, der sich am 24.7.1999 gegen 18:30 Uhr in H. ereignet hat. Bei diesem Flugunfall kamen der Ehemann der Klägerin zu 1) und Vater der Kläger zu 2) und 3), X., sowie Y., dessen Nachlasspfleger der Beklagte ist, in einem zweisitzigen Ultraleichtflugzeug ums Leben.
Wegen der näheren Sachdarstellung wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Die Kammer hat der Klage überwiegend (mit Ausnahme ebenfalls geltend gemachter Schmerzensgeldansprüche) stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Entgegen der Auffassung der Kammer sei Herr … nicht als Fluggast anzusehen, was das LG zumindest nach Durchführung einer Beweisaufnahme hätte erkennen müssen. Er sei – als erfahrener Drachenflieger – an einer Ausbildung betreffend das Fliegen solcher Ultraleichtflugzeuge interessiert gewesen, der Abschluss eines Ausbildungsvertrages zwischen den beiden Verstorbenen sei in Aussicht gestellt gewesen. Dem entspreche es auch, dass Herr … nicht etwa auf dem Rücksitz, sondern auf dem (üblicherweise dem Piloten vorbehaltenen) Vordersitz Platz genommen habe. Er habe die Möglichkeit gehabt und auch genutzt, das Flugzeug selber zu steuern, nachdem der Flugzeugführer es in die Luft gebracht gehabt habe. Angesichts dessen sei zumindest von einem Haftungsausschluss auszugehen. Im Übrigen seien etwaige Ansprüche verjährt, jedenfalls aber der Höhe nach begrenzt.
Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil.
II. Die Berufung des Beklagten erweist sich als unbegründet. Lediglich zur Klarstellung hat der Senat bei der Tenorierung herausgestellt, dass sich die Haftung des Beklagten als Nachlasspfleger des Flugzeugführers auf einen Höchstbetrag von insgesamt 320.000 DM beschränkt.
Das LG hat aus zutreffenden tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, die auch ggü. dem Berufungsvorbringen durchgreifen und denen der Senat in vollem Umfang beitritt, eine grundsätzliche Haftung des Verstorbenen Flugzeugführers Y. für die durch den Tod des Mitfliegers X. eingetretenen materiellen Schäden nach § 44 LuftVG bejaht. Auf die sorgfältig begründeten Ausführungen der Kammer wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Im Hinblick auf die Berufungsangriffe ist – soweit nicht schon durch Beschluss des Senats vom 25.6.2003 (Bd. I, Bl. 191 ff.), auf den ebenfalls verwiesen wird, geschehen – Folgendes anzumerken:
1. Nach wie vor ist davon auszugehen, dass Herr X. Fluggast gewesen ist. Auf die vom Beklagten problematisierte Frage der Beweislast, die nach Auffassung des Senats von der Kammer zutreffend beim Beklagten gesehen worden ist, kommt es dabei gar nicht an. Es ist nicht entscheidend, ob Herr X. während des Fluges die Lenkung (eine Querstange, mit deren Hilfe Gewichtsverlagerungen an die Tragflächen weitergegeben werden) betätigt hat oder nicht. Auch das nämlich würde ihn weder zum Flugzeugführer noch zum Mitglied des „fliegenden Personals” (also einem Besatzungsmitglied) machen. Abgesehen davon, dass ein derartiges Ultraleichtfluggerät außer dem Piloten selber keinerlei „Besatzung” benötigt, entspricht es der vom BGH bereits vorgenommenen (BGH, Urt. v. 30.11.1983 – IVa ZR 32/82, MDR 1984, 472 = VersR 1984, 155 f.) Definition eines Fluggastes in Abgrenzung zum fliegenden Personal, dass Erstgenannter nicht das Luftfahrzeug verantwortlich zu führen oder den verantwortlichen Luftfahrzeugführer dabei zu unterstützen bzw. sonstige Dienste im Flugzeug zu verrichten hat. So lag der Fall hier. Verantwortlicher Flugzeugführer war Herr X. auf keinen Fall, selbst wenn er das Flugzeug gelenkt haben sollte. Auch in diesem Falle wäre der eigentliche Flugzeughalter und -führer, der ja auch als Einziger über eine Berechti...