Entscheidungsstichwort (Thema)
Verstoß gegen § 2 Abs. 1 PAngV durch fehlende Grundpreisangabe bei kosmetischen Mitteln
Leitsatz (amtlich)
Kosmetische Produkte, deren Effekt erst nach regelmäßiger Anwendung über einen längeren Zeitraum eintritt, deren Wirkung dadurch eintritt, dass sie zunächst körpereigene Funktionen anregen, oder die (auch) die Pflege von Haut, Haar und Nägeln bezwecken, fallen nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 9 Abs. 5 Nr. 2 PAngV.
Normenkette
UWG § 3 Abs. 1, §§ 3a, 8 Abs. 1 Nr. 1; PAngV § 2 Abs. 1, § 9 Abs. 5 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 23.08.2016; Aktenzeichen 24 O 4/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1 wird das am 23.8.2016 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Hannover abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft bei der Beklagten zu 1 an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Internet die von der Beklagten zu 1 vertriebenen Kosmetikprodukte gegenüber den von der Klägerin vertriebenen Kosmetikprodukten herauszustellen und dabei den falschen Eindruck zu erwecken, die Erklärung erfolge als Verbraucher und/oder nicht für Zwecke des Geschäfts, Handels oder Gewerbes der Beklagten zu 1, so wie dies in der am 23.1.2016 erfolgten Veröffentlichung im Internetportal "g. net" geschehen ist.
Die Beklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, der Klägerin vorgerichtliche Abmahnkosten in Höhe von 765,40 EUR zu zahlen.
Auf die Widerklage der Beklagten zu 1 wird die Klägerin verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an dem Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr Kosmetikprodukte im Wege des Fernabsatzgeschäftes anzubieten und dabei nicht in unmittelbarer Nähe zum Endpreis den Grundpreis anzugeben, wenn dies geschieht wie in der Anlage B 3 bzw. gemäß dem als Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 7.3.2017 gereichten Screenshot (jeweils mit diesem Urteil verbunden).
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Von den in erster Instanz angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Klägerin haben die Klägerin 40 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 40 % und die Beklagte zu 1 weitere 20 % zu tragen. Die in erster Instanz angefallenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 hat die Klägerin zu 40 % zu tragen, im Übrigen tragen die Beklagten ihre erstinstanzlichen außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Nr. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1, die sich nur gegen die Abweisung des Widerklageantrags zu 1 richtet, hat Erfolg.
Der Widerklageantrag zu 1 ist nach seiner klarstellenden Neufassung in der mündlichen Verhandlung vom 7.3.2017 unter Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform in der Anlage B 3 sowie der Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung begründet. Der Beklagten zu 1 steht ein Anspruch gegen die Klägerin aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. § 2 Abs. 1 PAngV auf Unterlassung der Bewerbung der Produkte "F." und "L." im Wege des Fernabsatzgeschäfts ohne gleichzeitige Angabe des Grundpreises neben dem Gesamtpreis zu.
1. An der Antragsbefugnis der Beklagten zu 1 als Mitbewerberin der Klägerin i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG bestehen keine Zweifel.
2. Gleiches gilt für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Die Werbung für die streitgegenständlichen Produkte der Klägerin auf ihrer Internetseite stellt ein Verhalten zugunsten des eigenen Unternehmens dar, das mit der Förderung des Absatzes und mit dem Abschluss eines Vertrages über diese Waren objektiv zusammenhängt.
3. Die Werbung der Klägerin für die Produkte "F." und "L." ohne Angabe des Grundpreises war gemäß §§ 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. § 2 Abs. 1 PAngV unzulässig. § 2 Abs. 1 PAngV stellt eine Marktverhaltensregelung dar (dazu nachfolgend unter a), gegen die die Klägerin verstoßen hat (dazu nachfolgend unter b).
a) Nach § 2 Abs. 1 PAngV hat derjenige, der Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in...