Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen des sofortigen Anerkenntnisses i.S.d. § 93 ZPO
Leitsatz (amtlich)
1. Jedem Kfz-Haftpflichtversicherer, von dem nach einem Verkehrsunfall Zahlung verlangt wird, ist eine angemessene Prüfungsfrist zuzubilligen, vor deren Ablauf eine Klage nicht im Sinne des § 93 ZPO veranlasst ist. Diese liegt üblicherweise bei vier bis sechs Wochen.
2. Dem Kfz-Haftpflichtversicherer steht das Recht zu, auch in einfachen Fällen Einsicht in die Ermittlungsakte zu nehmen, um den genauen Unfallhergang abschätzen zu können sowie die Frage zu klären, in welchem Umfang ihm gegenüber berechtigte Ansprüche bestehen.
Normenkette
ZPO § 93
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 07.11.2018; Aktenzeichen 14 O 136/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7. November 2018 verkündete Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des LG Hannover ≪14 O 136/18 ≫ unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:
Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin über die erstinstanzlich ausgeurteilten 773,90 EUR hinaus weitere 151,17 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Juli 2018 zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits (beide Instanzen) tragen die Klägerin 92 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 8 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.343,24 EUR festgesetzt.
Gründe
(§§ 540 Abs. 1, 313a Abs. 1 ZPO):
I. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nur teilweise begründet. Die Beklagten sind verpflichtet, als Gesamtschuldner an die Klägerin weitere 151,17 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2. Juli 2018 als Schadensersatz anlässlich des Verkehrsunfalles vom 12. April 2018 in H. auf der Kreuzung H...straße / G...straße gemäß §§ 7, 17 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 VVG, §§ 249, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 421 BGB zu zahlen. Ferner ist eine Kostenquotelung geboten. Wegen der weitergehenden Forderungen ist die Berufung unbegründet und war zurückzuweisen. Im Einzelnen:
1. Mietwagenkosten in Höhe von noch 472,44 EUR
Die Berufung der Klägerin ist nur teilweise begründet, soweit sie weitere Mietwagenkosten bezahlt verlangt. Am Unfalltag musste sie von der Unfallstelle zweifellos mit einem Mietwagen nach Hause kommen, weil ihr verunfalltes Fahrzeug nicht mehr fahrbereit gewesen ist (siehe Sachverständigengutachten auf Bl. 2R im Anlagenband Kläger). Insoweit besteht eine Erstattungsfähigkeit für einen Tag, unabhängig davon ob die öffentlichen Verkehrsmittel fuhren oder nicht. Mietwagenkosten für den 12. April 2018 sind ausweislich der Rechnung der Fa. S. vom 27. April 2018 (Bl. 13 im Anlagenband Kläger) in Höhe von 59,20 EUR Mietpreis pro Tag zzgl. 31,- EUR Zustellungskosten und 4,90 EUR Einwegkosten sowie 19 % Mehrwertsteuer erstattungsfähig, insgesamt also in Höhe von 113,17 EUR.
Die Klägerin hat nicht schlüssig dargelegt, dass sie nach dem Unfalltag auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs angewiesen gewesen ist und über die von der Beklagten zu 2) bereits gezahlten 627,- EUR hinaus weitere Beträge bezahlt verlangen kann. Insbesondere rechtfertigten Hochzeitsvorbereitungen eine weitere Anmietung nicht. In der Klageschrift hatte die Klägerin noch behauptet, aus beruflichen Gründen vom 12. April bis zum 27. April 2018 auf einen Mietwagen angewiesen gewesen zu sein (Bl. 3 d. A.). Im Schriftsatz vom 7. August 2018 (Bl. 73 und 74 d. A.) hat sie davon abweichend vorgetragen, Hochzeitsvorbereitungen hätten ihren Bedarf für einen Mietwagen begründet, ohne im Einzelnen darzulegen, welche Tätigkeiten dies im Einzelnen waren. Laut Schriftsatz vom 8. Oktober 2018 (Bl. 107 d. A.) wäre die Verwendung eines Taxis hierfür "abwegig"; die Klägerin legt aber nicht dar, warum dies so sei. Auch in der Berufungsbegründung fehlt es an Vortrag hierzu. Vorbereitungen für eine kurz bevorstehende Hochzeit, die nur mit einem Pkw erledigt werden können, können sein: Transport von Gegenständen zu verschiedenen Veranstaltungsorten (Kirche, Restaurant) und wieder weg, Transport von Blumenschmuck oder anderen Dekorationen sowie von Lebensmitteln und Getränken von einem Ort zum anderen. Dass dies jedoch einen Zeitraum von zwei Wochen beanspruchen soll, erscheint nicht plausibel. Ebenso wenig vermag der Senat nachzuvollziehen, dass man für derartige zwingend erforderliche Fahrten kein Taxi buchen kann oder Familienangehörige bzw. Freunde bittet, die Transporte durchzuführen. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin in den 15 Tagen der erfolgten Anmietung in der Tat nur 261 km mit dem Mietwagen zurückgelegt hat (Bl. 13 im Anlagenband Kläger). Das zeigt, dass die Anmietung des Ersatzfahrzeugs nicht verhältnismäßig gewesen ist.
Jedenfalls rechtfertigte der Streik vom 12. April 2018 keine Fortsetzung der teuren Miete über den Unfalltag hinaus. Eine wirtschaftlich und vernünftig denk...