Leitsatz (amtlich)
Veranlasst ein Fachmann (eine Unternehmensberatung) einen Laien (den Auftraggeber) im zeitlichen Zusammenhang mit der Übergabe einer mehrseitigen Betriebsanalyse ohne sachlichen Grund zur Unterzeichnung eines Formulars, wonach die Ansprüche dem Grunde und der Höhe nach unstreitig sind, so ist diese Erklärung sittenwidrig und nichtig (OLG Saarbrücken – 1 U 146/00; LG Leipzig – 10 O 5050/94; LG Potsdam – 2 O 256/94; LG Mainz – 2 O 198/95; LG Mühlhausen 3 O 1628/99), weil sie erkennbar nur dazu dient, die Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers wegen Schlechterfüllung auszuschließen.
Normenkette
BGB §§ 134, 138, 826
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Urteil vom 07.08.2002; Aktenzeichen 8 O 215/01) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 7.8.2002 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Verden geändert.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 7.019,83 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 20.6.2002 zu zahlen. Die weiter gehende Widerklage erster Instanz bleibt abgewiesen.
3. Es wird festgestellt, das der Klägerin ein Zahlungsanspruch aus der Vereinbarung über die MES-Mitgliedschaft vom 3.5.2000 nicht zusteht.
4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
6. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollsteckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
7. Die Revision wird zugelassen.
8. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 30.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Honoraransprüche aus einer betrieblichen Beratung. Die Klägerin ist eine – mindestens in ganz Deutschland tätige – Unternehmensberatungsgesellschaft mit Sitz in Südwestdeutschland in W., der Beklagte Inhaber einer Gärtnerei, die sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand und dem die Insolvenz drohte.
Aufgrund eines Auftrages Ende April 2000 erstellte die Klägerin zunächst eine Betriebsanalyse für eine Beratung am 2./3.5.2000 zum Preise von 6.380 DM, die bezahlt worden ist. Unmittelbar im Anschluss daran schlossen die Parteien einen Beratungsvertrag gleichen Datums über voraussichtlich 90 Euro mindestens jedoch 24 Euro Beratungsstunden zu je 370 DM für die allumfassende Reorganisation des Betriebes des Beklagten (SH Bl. 2,3). Für die erste Woche vom 8. bis 11.5. stellte die Klägerin 14.592,80 DM in Rechnung, gezahlt worden sind in Raten 8.486,40 DM. Die Rechnungen für die zweite und dritte Woche über 14.162,60 DM und 10.730 DM sind nicht ausgeglichen worden und zusammen mit dem Restbetrag aus der ersten Beratungswoche Gegenstand der Klageforderung.
Außerdem unterzeichnete der Beklagte eine Mitgliedschaftsvereinbarung im Management-Erfolgs-Service der Klägerin (SH Bl. 69) zum Preise von 411,80 DM monatlich für zwei Jahre, auch diese Beiträge sind für den Zeitraum von November 2000 bis April 2001 eingeklagt, für Juli bis Oktober 2000 sind sie bezahlt.
Bei Aufnahme der Arbeit der Klägerin am 8.5. wurde von ihr nach einem Eröffnungsgespräch ein Beratungskonzept mit Datum vom 9.5. erstellt, das von beiden Parteien unterzeichnet ist (SH Bl. 4 bis 16). Unter Ziff. 7 (SH Bl. 16) war eine Gewährleistung auf die Arbeit „mit größter Sorgfalt unter Beachtung allgemein branchenspezifischer Kenntnisse und unter Beachtung allgemein anerkannter betriebswirtschaftlicher Grundsätze” geschuldet.
Am Ende der ersten Beratungswoche, am 11.5., übergab ein Mitarbeiter der Klägerin dem Beklagten einen aus mehr als 20 Seiten bestehenden Wochenbericht (SH Bl. 20 ff.) und ließ sich am selben Tage von ihm zwei maschinenschriftliche Vordrucke unterzeichnen. Im ersten bestätigte der Beklagte eine wöchentliche Arbeitszeit des Mitarbeiters der Klägerin von 33 Stunden, die allerdings zu einem erheblichen Teil im Büro der Klägerin stattgefunden hatte. Im zweiten von dem Beklagten unterzeichneten Vordruck heißt es zur Rechnung über 14.592,80 DM:
„Die Genannten erkennen diese Forderung der Höhe und dem Grunde nach an. Die Honorarforderungen sind zur Zahlung fällig und nicht bestritten.”
Entsprechend verfuhr die Klägerin für die zweite und dritte Beratungswoche (SH Bl. 28, 29 ff.), ihre Tätigkeit endete mit einem abschließenden Bericht vom 26.5.2000 (SH Bl. 57 ff.).
Die Klägerin lässt sich die Korrektheit ihrer Arbeit seit Jahren mit diesen (LG Mühlhausen 3 O 1628/99, S. 3) oder ähnlichen Formulierungen bestätigen (Die Beratung wurde abgeschlossen, das Beratungsziel wurde erreicht – LG Mainz 2 O 198/95, S. 3; der Klient ist mit der Beratung zufrieden – LG Nürnberg/Fürth – 2 O 1505/98, S. 3) und hat ca. ein Dutzend Urteile (OLG Koblenz 2 U 1283/90 – befasst sich allerdings nur mit der Bestätigung der geleisteten Stundenzahl, Thüringer OLG 2 U 1445/98 – nicht erkennbar, wann und zu welchem Punkt das vom Gericht zitierte...