Leitsatz (amtlich)
1. Ein Steuerberater ist verpflichtet, seinen Mandanten auf steuerrechtliche Irrtümer (hier: Berechnung eines zu geringen Umsatzsteuersatzes) hinzuweisen.
2. Die dem Mandanten durch die - rechtmäßige - Steuernachforderung entstandenen Aufwendungen können dann einen ersatzfähigen Schaden darstellen, wenn der Mandant nachweist, dass er bei pflichtgemäßer Aufklärung durch seinen Steuerberater die sich bei Berechnung des korrekten Mehrwertsteuersatzes ergebenden höheren Preise für die von ihm vertriebenen Produkte am Markt hätte durchsetzen können.
Normenkette
UStG § 12
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 17.06.2009; Aktenzeichen 6 O 426/06) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 17.6.2009 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des LG Hannover wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 10 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet, die die jeweils zu vollstreckende Forderung um 10 % übersteigt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt den beklagten Steuerberater auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger, der im Getränkeeinzelhandel tätig ist und der den wesentlichen Teil seiner Umsätze durch die Veräußerung von Getränken in Heiß-, Heiß/Kalt- sowie Kalt-Getränkeautomaten erwirtschaftet, nimmt den Beklagten, seinen früheren Steuerberater, auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, dieser habe ihn nicht darauf hingewiesen, dass beim Verkauf der vorgenannten Getränke aus Automaten in den Jahren 2000 und 2001 gem. § 12 Abs. 2 UStG in Verbindung mit der Anlage 1 zum Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuer nicht nur nach dem ermäßigten Steuersatz von 7 %, sondern in voller Höhe - mithin 16 % - zu entrichten war. Der Kläger begehrt im Wesentlichen den Ersatz von ihm nachgezahlter Umsatzsteuerbeträge sowie Verzugszinsen für die Jahre 2000 und 2001 i.H.v. insgesamt 46.141,30 EUR, wie sie durch das Finanzamt G. in den Steuerbescheiden vom 13.3.2006 (Bl. 105 ff. d.A.) festgesetzt worden sind.
Der Beklagte, der erstinstanzlich eine Pflichtverletzung bestritten und die Verjährung etwaiger Ansprüche eingewandt hatte, hat demgegenüber behauptet, dem Kläger sei schon kein Schaden entstanden, da die Steuern gesetzmäßig festgesetzt worden seien. Höhere Preise hätte der Kläger auf dem Markt nicht durchsetzen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, mit dem das LG der Klage im Wesentlichen stattgegeben hat. Der Beklagte hafte dem Kläger wegen Verletzung von Pflichten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Steuerberatungsmandat. Durch die Pflichtverletzung sei dem Kläger ein Schaden entstanden, der in den erhöhten Umsatzsteuern sowie den vom Finanzamt festgesetzten Verzugszinsen bestehe. Der Kläger habe hinreichend dargelegt, dass bei der geringen Preisdifferenz von ca. 3-5 Cent je Getränk, die auf den Preis hätten aufgeschlagen werden müssen, davon auszugehen sei, dass ein solch moderat erhöhter Preis am Markt tatsächlich durchsetzbar gewesen wäre.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der dieser die Abweisung der Klage erstrebt. Er bestreitet weiterhin, dass dem Kläger ein Schaden entstanden sei. Grundsätzlich sei anzunehmen, dass ein Unternehmer am Markt den Preis verlange, den er durchsetzen könne. Für eine schlüssige Darlegung des Schadens wäre es daher, so die Auffassung des Beklagten, erforderlich gewesen, dass der Kläger seine eigene Kalkulation offengelegt und seine - um die Umsatzsteuerbeträge erhöhten - Preise denen der Mitbewerber gegenübergestellt hätte. Hieran fehle es. Ein Zinsschaden sei dem Kläger nicht entstanden, da er ausweislich der Kontennachweise zu den Gewinn- und Verlustrechnungen der Jahre 2000 und 2001 Kredit in Anspruch genommen und er mithin durch die verspäteten Steuerzahlungen Zinsaufwand erspart habe. Jedenfalls hätte der Kläger mit dem ersparten Zinsbetrag Anlagezinsen erzielen können.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des LG Hannover abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil, legt nunmehr seine Kalkulation offen und behauptet zum Zinsschaden, er habe durch die verspätete Festsetzung der Steuern nichts an Zinsen erspart, da er wegen der Ausnutzung des ihm eingeräumten Kontokorrentkredits den erhöhten Mehrwertsteueraufwand aus privaten Mitteln hätte aufbringen müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die Berufung des Beklagten ist zulässig; sie bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Mit auch ggü. dem Berufungsvorbringen des Beklagten zutreffender Begründung hat das LG der Klage auf der Grundla...