Leitsatz (amtlich)
1) Zur Unterscheidung von Erfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft im Bauvertrag
2) Vereinbaren die Parteien bei einer Gewährleistungssicherheit das Recht des Sicherungsgebers, den Bareinbehalt durch eine Bürgschaft abzulösen, hat der Sicherungsnehmer nur Anspruch auf eine Sicherheit. Eine Barsicherheit hat er deshalb auszuzahlen, wenn er die Bürgschaft entgegen genommen hat.
Normenkette
BGB §§ 765, 821
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 10.11.2009; Aktenzeichen 9 O 298/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.11.2009 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Hannover abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.598,49 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. den §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung ist zulässig und begründet.
Die Beklagte ist den Klägern nicht aus der von ihr für die H.-Bau GmbH am 8.12.1999 übernommenen selbstschuldnerischen Bürgschaft bis zu einem Betrag von 15.598,49 EUR (Anlage K 7) gem. § 765 Abs. 1 BGB zur Zahlung verpflichtet, weil sie ihrer Inanspruchnahme gem. § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB mit Erfolg die der Hauptschuldnerin zustehende Einrede der Bereicherung (§§ 812 Abs. 2, 821 BGB) entgegen halten kann.
1. Die Einrede aus § 821 BGB ist als echte Einrede, die ein Leistungsverweigerungsrecht begründet, nicht von Amts wegen, sondern nur dann zu berücksichtigen, wenn sie im Prozess - wenn auch nur konkludent - geltend gemacht wird (BGH, Urt. v. 16.4.1991 - XI ZR 68/90, NJW 1991, 2140 f.). Das ist hier der Fall. Die Beklagte hat bereits in ihrer Klageerwiderung vom 4.4.2006 zum Ausdruck gebracht, dass die Kläger aufgrund einer unzulässigen Doppelsicherung um die Bürgschaft ungerechtfertigt bereichert seien und sich auch damit gegen ihre Inanspruchnahme gewandt.
2. Die Beklagte kann sich mit dieser der H.-Bau GmbH als Hauptschuldnerin zustehenden Einrede deswegen erfolgreich gegen ihre Inanspruchnahme aus der Bürgschaft wenden, weil ein Fall der unzulässigen Doppelsicherung durch Gewährleistungsbürgschaft und Bareinbehalt vorliegt.
a) In § 14 des zwischen den Klägern und der inzwischen insolventen Generalunternehmerin H.-Bau GmbH geschlossenen Generalunternehmervertrags vom 18.10.1999 wurde vereinbart:
"1. Der GU übergibt dem AG bei Auftragserteilung eine unbefristete, selbstschuldnerische Erfüllungsbürgschaft einer Großbank oder Sparkasse bzw. eines Kautionsversicherers zur Absicherung aller sich aus diesem Vertrag ergebenden Verpflichtungen des GU. Die Höhe der Bürgschaft beträgt 5 % der Auftragssumme.
(...)"
und handschriftlich ergänzt:
"Einbehalt von 5 % Gewährleistungsbürgschaft, ablösbar durch Bürgschaft einer Großbank oder Sparkasse."
b) Diese Regelungen sind dahingehend zu verstehen, dass in dem maschinenschriftlich gefassten Teil bloß die Erteilung einer - ausdrücklich als solchen bezeichneten - Erfüllungsbürgschaft geschuldet war. Zwar wird nachfolgend ausgeführt, dass diese "zur Absicherung aller sich aus diesem Vertrag ergebenden Verpflichtungen des GU" erfolgen sollte, was grundsätzlich alle Ansprüche des Auftraggebers auf rechtzeitige Erfüllung, mithin auch Mängelansprüche jeder Art, beinhalten kann, während die Gewährleistungsbürgschaft nur Rechte aus den §§ 633 ff. BGB bzw. den §§ 4 Nr. 7 und 13 VOB/B erfasst (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 10. Teil Rz. 115). Vorliegend besteht aber die Besonderheit, dass die Parteien handschriftlich eine ergänzende Regelung für den Gewährleistungsfall getroffen haben, indem sie dafür einen Einbehalt von 5 % bzw. eine Gewährleistungsbürgschaft vereinbart haben. Unterscheiden die Parteien aber zwischen Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft, verliert die Vertragserfüllungsbürgschaft mit der Abnahme ihre Wirksamkeit (OLG Celle, BauR 2005, 1647 zitiert nach juris Tz. 11; Kniffka/Koeble, a.a.O.). Es kann dann nur noch auf die für die Gewährleistung gestellte Sicherheit zugegriffen werden.
Für eine solche Auslegung der in § 14 Ziff. 1 vereinbarten Sicherheit spricht, dass - wenn der Gewährleistungsfall bereits umfassend durch die maschinenschriftlich getroffene Regelung erfasst worden wäre - dem handschriftlichen Zusatz von vornherein kein eigenständiger Anwendungsbereich zugekommen wäre. Auch deshalb ist die in § 14 Ziff. 1 getroffene Regelung insgesamt so auszulegen, dass neben der in der drucktechnischen Fassung schon vorgesehenen (Vertrags-)Erfüllungsbürgschaft eine weitere Sicherung für die Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers vereinbart wurde.
Die Sicherung der Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers sollte aber entgegen der Annahme des landgerichtlichen Urteils nicht in einem Einbehalt von 5 % und zusätzlich in der Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft bestehen. Gegen ein solches Verständnis spricht bereits der nach Erwähnung der Gewährleis...