Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Unwirksamkeit einer Ladung zur Gesellschafterversammlung durch Ersatzzustellung
Leitsatz (amtlich)
Die auf Ausschließung von Gesellschaftern gerichtete Klage ist unbegründet und abweisungsreif, wenn die klagende GmbH sich für die Ausschließung auf einen Gesellschafterbeschluss stützt, der in einer Versammlung gefasst wurde, zu der nicht alle Gesellschafter, insb. nicht die von der Ausschließung betroffenen eingeladen waren.
Ein Geschäftsführer kann die Einladung von Gesellschaftern zur Gesellschafterversammlung jedenfalls dann nicht wirksam durch Ersatzzustellung unter einer Adresse bewirken, von der er positiv weiß, dass die Gesellschafter dort nicht wohnen, wenn ihm die Gesellschafter mitgeteilt haben, wie er sie erreichen kann.
Normenkette
ZPO § 180; GmbHG §§ 49, 51
Verfahrensgang
LG Lüneburg (Urteil vom 12.03.2013; Aktenzeichen 9 O 96/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.3.2013 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Lüneburg abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Den Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist gewährt.
Auf den Einspruch beider Beklagter wird das Versäumnisurteil des LG Lüneburg vom 26.4.2012 (Geschäfts-Nr.: 9 O 96/12) aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf das Urteil des LG verwiesen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Die Beklagten zu 1 und 2 sind aufgrund eines notariellen Anteilsübertragungsvertrages vom 16.4.2010 (Anlage K1 Bl. 7 ff. d.A.) Gesellschafter der Klägerin geworden. Diese beansprucht mit der Klage deren Ausschließung.
Die Klageschrift ist gegenüber beiden Beklagten unter der in der Klageschrift als Zustellungsadresse bezeichneten Anschrift "M." durch Einlegen in einen Briefkasten zugestellt worden. Innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist ist keine Anzeige der Beklagten, sich gegen die Klage verteidigen zu wollen, zu den Akten gelangt, weshalb das LG durch das Versäumnisurteil vom 26.4.2012 die von der Klägerin beanspruchte Ausschließung der Beklagten aus der Gesellschaft tenoriert hat. Durch Schriftsatz vom 28.8.2012 haben die Beklagten erklärt, durch einen gerichtlichen Hinweis in einem anderen Rechtsstreit davon erfahren zu haben, dass im vorliegenden Rechtsstreit bereits ein Versäumnisurteil ergangen sei, und vorsorglich Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt. Den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten vom 10.9.2012 wegen Versäumung der Einspruchsfrist hat das LG zurückgewiesen und deren Einspruch gegen das Versäumnisurteil als verfristet verworfen. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie geltend machen, es sei ihnen weder die Klage noch das Versäumnisurteil ordnungsgemäß zugestellt worden. Unter der in der Klageschrift von der Klägerin bezeichneten Anschrift hätten sie nie gewohnt, was dem Geschäftsführer der Klägerin positiv bekannt gewesen sei. Auch zu der Gesellschafterversammlung, auf der ihre Ausschließung beschlossen worden sei, seien sie nicht eingeladen worden.
Die Beklagten beantragen, ihnen unter Abänderung des am 12.3.2013 verkündeten Urteils des LG Lüneburg Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, unter Abänderung des am 12.3.2013 verkündeten Urteils des LG Lüneburg ihrem Einspruch vom 28.8.2012 stattzugeben, das Versäumnisurteil des LG Lüneburg (verkündet am 26.4.2012) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. hilfsweise, die Sache an das LG zurückzuverweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, da sich die Beklagten den Anschein gegeben hätten, an dem von ihnen im Gesellschaftsvertrag angegebenen Ort eine Wohnung zu unterhalten, müssten sie die dort vorgenommenen Zustellungen gegen sich gelten lassen.
Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung ist begründet. Den Beklagten war wegen unverschuldeter Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Auf den Einspruch der Beklagten war das der Klage stattgebende Versäumnisurteil aufzuheben, da dieses nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist, weil eine ordnungsgemäße Zustellung der Klageschrift nicht erfolgt ist (s. 1.). Die Klage war abzuweisen, da ein wirksamer Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Ausschließung der Beklagten nicht dargelegt ist, was aber Voraussetzung für die Erhebung der Ausschließungsklage wäre (s. 2.).
1. Auf ihren Antrag hin war den Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist gegen das Versäumnisurteil des LG Lüneburg vom 26.4.2012 zu gewähren. Den Wiedereinsetzungsantrag haben die Beklagten fristgerecht gestellt. Er ist in der Sache auch begründet, weil sie ohne ihr Verschulden verhindert w...